Neues Investmentsteuerrecht
Seit 01.01.2018 gilt in Deutschland ein neues Investmentsteuerrecht. Durch die Neuregelung soll die Besteuerung von Investmentfonds und Anlegern vereinfacht werden. So werden beispielsweise ausschüttende oder thesaurierende, in- oder ausländische Investmentfonds gleich besteuert. Kernstück des neuen Besteuerungssystems ist eine getrennte Besteuerung auf Fondsebene und Anlegerebene.
Sie wollen mehr wissen? Nachfolgend finden Sie weitere Informationen und Antworten auf die wichtigsten Fragen sowie einige Rechenbeispiele.
1. Grundlegendes
- Die neuen Regelungen gelten ausschließlich für Fonds und ETFs.
- Die Besteuerung wird – was die Höhe der Steuer betrifft – für die meisten Anleger kaum einen Unterschied zur bisherigen Rechtslage mit sich bringen.
- Sie als Anleger müssen nicht selbst aktiv werden, um eine korrekte Abwicklung zu gewährleisten.
- Dieselbe Systematik wird für alle Anlagetypen angewandt.
2. Was ist neu?
- Früher wurden die Fondserträge ausschließlich auf Anlegerebene besteuert. Seit 2018 erfolgt die Besteuerung sowohl auf Fonds- als auch auf Anlegerseite.
Für den Anleger erfolgt eine Besteuerung zukünftig auf folgende Erträge:
- Ausschüttungen
- Vorabpauschale (neu anstelle der ausschüttungsgleichen Erträge)
- Gewinne aus der Veräußerung der Fondsanteile - Teilfreistellung
Als Ausgleich für die Steuerbelastung auf Fondsebene werden die Investmenterträge beim Anleger zu einem bestimmten Prozentsatz von der Abgeltungsteuer verschont (sog. Teilfreistellung). Dies gilt für Ausschüttungen, Vorabpauschale und Gewinne aus Veräußerung. Je nach Fondsart gelten dabei unterschiedliche Teilfreistellungssätze. Wie hoch der steuerfreie Anteil ist, richtet sich nach der Art des Fonds (siehe Tabelle). Der verbleibende Teil unterliegt der Abgeltungsteuer in Höhe von 25 Prozent zzgl. 5,5 Prozent Solidaritätszuschlag sowie ggf. Kirchensteuer.Fondskategorie Anlagegrenze Teilfreistellungssatz Aktienfonds Mindestens 51% in Aktien 30% Mischfonds Mindestens 25% und weniger als 51% in Aktien 15% Immobilienfonds Mindestens 51% in in- und ausländischen Immobilien 60% Auslands-Immobilienfonds Mindestens 51% in ausländischen Immobilien 80% - Vorabpauschale
Sofern der Fonds während des abgelaufenen Jahres zwar im Wert gestiegen ist, hiervon aber nichts oder nur wenig ausgeschüttet hat, wird eine sog. Vorabpauschale als fiktiver Kapitalertrag angesetzt.
- Die Höhe der Vorabpauschale bezieht sich immer auf das Vorjahr. Deshalb wird die Vorabpauschale Anfang 2020 für 2019 berechnet und auch besteuert.
- Die Vorabpauschale orientiert sich an der Höhe einer risikolosen Marktverzinsung für öffentliche Anleihen.
- Für die Vorabpauschale gelten die gleichen Teilfreistellungen wie für die Besteuerung von Ausschüttungen (siehe Tabelle).
- Um eine Doppelbesteuerung zu vermeiden, werden beim Verkauf der Fondsanteile die zugerechneten Vorabpauschalen vom tatsächlichen Veräußerungsgewinn wieder abgezogen.
- Die Vorabpauschale gilt am ersten Werktag im Folgejahr als zugeflossen. Dies hat den Vorteil, dass der zu diesem Zeitpunkt noch nicht verbrauchte Freistellungsauftrag auf die Vorabpauschale angewendet werden kann. Nur wenn ein solcher Freistellungsauftrag nicht vorliegt oder nicht ausreicht, muss Abgeltungsteuer auf die Vorabpauschale entrichtet werden. Auch eine beim Kreditinstitut eingereichte Nichtveranlagungsbescheinigung bewirkt, dass keine Abgeltungsteuer einbehalten wird.
- Als depotführende Stelle dürfen wir den für die Abführung der Abgeltungsteuer erforderlichen Betrag Ihrem Verrechnungskonto belasten.
3. Rechenbeispiele
- Bestimmung der Vorabpauschale
Zur Bestimmung der Vorabpauschale wird zunächst für jeden Fonds der sogenannte Basisertrag errechnet.
Errechnung des Basisertrages
Basisertrag = Wert der Fondsanteile zum 01.01.2023 x Basiszins* x 0,7
*Der Basiszins wird von der Deutschen Bundesbank veröffentlicht und liegt für den 02.01.2023 bei 2,55 %
Als zu versteuernde Vorabpauschale dient entweder dieser errechnete Basisertrag oder der Wertzuwachs des Fonds – je nachdem, welcher Wert niedriger ist.
- Beispielrechnungen für unterschiedliche Wertentwicklungen
1. Beispiel für Fonds mit hoher Wertentwicklung: Wert der Fondsanteile zum 01.01.2023: 100.000 € 01.01.2024: 104.000 € Wertzuwachs: 4.000 € Basisertrag: 100.000 € x 2,55 % x 0,7 1.785 €
Der Basisertrag (1.785 €) ist niedriger als der Wertzuwachs (4.000 €).
Daher dient der Basisertrag als zu versteuernde Vorabpauschale.
2. Beispiel für Fonds mit geringer Wertentwicklung: Wert der Fondsanteile zum 01.01.2023: 100.000 € 01.01.2024: 100.300 € Wertzuwachs: 300 € Basisertrag: 100.000 € x 2,55 % x 0,7 1.785 €
Der Wertzuwachs (300 €) ist kleiner als der Basisertrag (1.785 €).
Daher dient der Wertzuwachs als zu versteuernde Vorabpauschale.
3. Beispiel für Fonds ohne Wertentwicklung: Wert der Fondsanteile zum 01.01.2023: 100.000 € 01.01.2024: 100.000 € Wertzuwachs: 0 € Basisertrag: 100.000 € x 2,55 % x 0,7 1.785 €
Bei einem Wertzuwachs von 0 € (und auch bei einer negativen Wertentwicklung) beträgt die Vorabpauschale 0 €.
Dementsprechend fällt keine Steuer an.
4. Beispiel für ausschüttende Fonds: Wert der Fondsanteile zum 01.01.2023: 100.000 € 01.01.2024: 104.000 € Ausschüttung: 50 € Wertzuwachs: 4.000 € Basisertrag: 100.000 € x 2,55 % x 0,7 1.785 €
Der Basisertrag (1.785 €) ist niedriger als der Wertzuwachs (4.000 €).
Daher dient der Basisertrag als zu versteuernde Vorabpauschale.
Auf die Vorabpauschale wird nun die Ausschüttung in Höhe von 50 € angerechnet. Es wird deshalb die Differenz zur Vorabpauschale besteuert (1.785 € - 50 € = 1.735 €) und zusätzlich wie bisher die Ausschüttung (50 €).
Fragen und Antworten
Was bedeutet „Vorabpauschale“?
Die sog. Vorabpauschale fällt jährlich an, wenn der Fonds keine oder nur eine sehr geringe Ausschüttung vornimmt. Anleger müssen künftig für die Besteuerung der Vorabpauschale selbst Liquidität aufbringen. Dies erfolgt grundsätzlich durch den Einzug von Ihrem Verrechnungskonto.
Ab wann wird die Vorabpauschale besteuert?
Die Vorabpauschale für Investmentfonds wird das erste Mal im Jahr 2019 rückwirkend für das Jahr 2018 besteuert. Auf andere unbare Kapitalerträge wie z.B. Bonusaktion oder Depotüberträge mit Gläubigerwechsel wird die Vorabpauschale bereits ab dem 01.01.2018 besteuert und auch abgebucht.
Was sind bestandsgeschützte Altanteile?
Als bestandsgeschützte Altanteile gelten jene Fondsanteile, die vor 2009 angeschafft wurden.
Bezieht sich der Freibetrag von 100.000 Euro auf die Anlegersumme oder den Gewinn aus der Veräußerung der bestandsgeschützten Altanteile?
Der Freibetrag bezieht sich auf alle Wertzuwächse (Gewinn) der bestandsgeschützten Altanteile, die ab 2018 bis zur tatsächlichen Veräußerung entstehen.
Gibt es für Ehepaare (mit Oder-Depots) zweimal 100.000 Euro Freibetrag?
Ja. Der Freibetrag ist personenbezogen. Damit erhalten Ehepaare zusammen einen Freibetrag von 200.000 Euro. Voraussetzung hierfür ist die gemeinschaftliche Veranlagung.
Wie wirkt sich die Reform auf meinen Freibetrag oder meine Nicht-Veranlagungs-Bescheinigung aus?
Bereits bestehende Freibeträge und NV-Bescheinigungen haben weiterhin ihre Gültigkeit und finden entsprechende Berücksichtigung.
Warum wird in meinem Depot die Performance von Fonds und ETFs nur ab dem 01.01.2018 angezeigt?
Der Grund für die veränderte Performance-Dartstellung ist, dass seit dem 01.01.2018 das neue Investmentsteuerrecht gilt. Aufgrund dieser gesetzlicher Änderung mussten zum 31.12.2017 alle Investmentanteile fiktiv verkauft und zum 01.01.2018 fiktiv neu angeschafft werden. In der Folge wird die Performance jetzt auf Basis der Kurse vom 01.01.2018 dargestellt. Die Wertentwicklung Ihrer Fonds und ETFs vor 2018 können Sie in Ihrem Depotbestand unter dem Reiter "Historie" aufrufen.