Marktkommentar von Dr. Ulrich Kater
Lesen Sie jede Woche den aktuellen Marktkommentar von Dr. Ulrich Kater, Chefvolkswirt der DekaBank.
Dr. Ulrich Kater studierte Volkswirtschaftslehre an den Universitäten Göttingen und Köln. 1995 promovierte er am Finanzwissenschaftlichen Seminar der Universität Köln und übte gleichzeitig eine Lehr- und Forschungstätigkeit an der Universität Köln, der Fachhochschule Köln und der European Business School aus.
Von 1995 bis 1999 war Herr Kater im Stab der „fünf Wirtschaftsweisen“ für die Themen Geldpolitik und Kapitalmarkt verantwortlich. Von 1999 an arbeitete er am Aufbau der Volkswirtschaftlichen Abteilung der DekaBank mit. Seit 2004 bekleidet er die Position als Chefvolkswirt der DekaBank und ist seit 2006 auch Vorsitzender der Kommission für Wirtschaft und Finanzen im Verband Öffentlicher Banken.
Darüber hinaus folgte er Lehraufträgen an der Universität Witten-Herdecke, der Zeppelin University Friedrichshafen sowie an der Hochschule der S-Finanzgruppe. Nebenbei ist Ulrich Kater auch als Autor zahlreicher Veröffentlichungen über Geldpolitik, Währungspolitik, internationale Kapitalmärkte, Finanzpolitik, Alterssicherungssysteme und Globalisierung in Erscheinung getreten.
25.10.2024, Kolumne von Dr. Ulrich Kater: US-Wahlfieber setzt ein
Langsam legt sich bleierne Stille auf die Kapitalmärkte. Das politische Megaereignis der US-Präsidentschaftswahl rückt näher. Die Märkte reagieren auf Wirtschaftszahlen und -meldungen weniger als sonst, weil die Wahl in der wichtigsten Volkswirtschaft der Welt alles überschattet. In den vergangenen Handelswochen positionierten sich die Marktteilnehmer noch einmal stärker in Richtung eines Trump-Sieges: Die Renditen von Staatsanleihen stiegen deutlich an, Aktienmärkte tendierten freundlich, teilweise mit neuen Allzeithochs. Nun warten alle ab, was am Wahltag geschieht. Das schwierigste Szenario wäre eines, in dem dauerhaft unklar bleibt, wer die Präsidentschaft gewonnen hat, entweder wegen institutioneller Unvollkommenheiten oder weil eine Partei ein gefundenes Ergebnis nicht anerkennt und mit nicht verfassungsgemäßen Maßnahmen dagegen vorgeht. Gegen diese alles überstrahlende Bedeutung der US-Präsidentschaftswahlen waren andere Wirtschaftsnachrichten in der zurückliegenden Woche für die Marktbewegungen praktisch bedeutungslos. Selbst das etwas leicht gestiegene ifo-Geschäftsklima in Deutschland konnte keine Akzente setzen. Die Ankündigungen von Wirtschaftsprogrammen in Deutschland bewegten den Dax mangels Glaubwürdigkeit in keiner Weise. Immer mehr Einzelstimmen aus dem Europäischen Zentralbankrat sprechen sich für schnellere Zinssenkungen im Euroraum aus, so dass Präsidentin Lagarde und andere führende EZB-Vertreter zum Schluss eine wachsende Zinssenkungseuphorie einbremsen mussten. Es bleibt allerdings dabei, dass kurzfristige Anlagen am Geldmarkt absehbar unattraktiv werden und Umschichtungen Richtung länger laufender Anleihen zur Folge haben werden. Gleichzeitig entfernen sich die beiden ökonomischen Supertanker Europa und USA bei den Zinsen immer weiter voneinander, was den Kurs des US-Dollars auch in dieser Woche weiter aufwerten ließ.
18.10.2024, Kolumne von Dr. Ulrich Kater: Zinsen sinken – Kurse steigen
Es geht schneller herunter auf der Zinstreppe. In der zurückliegenden Handelswoche senkte die Europäische Zentralbank (EZB) zum dritten Mal in diesem Jahr die Leitzinsen. Das geschah früher als von den Marktteilnehmern nach dem Zinsschritt im September erwartet. Die EZB reagierte damit auf die enttäuschende Konjunkturentwicklung im Euroraum und in Deutschland. Es war jedoch eher ein vorsorglicher Schritt als eine dringende Notwendigkeit. Das Gesamtbild der Notenbanker zu Inflation und Konjunktur bleibt bestehen und damit auch der weitere Zinspfad, der ab Dezember eher quartalsweise Lockerungen vorsieht.
Kreditkonditionen, etwa bei Hypothekenkrediten, werden allerdings kaum noch sinken, da sie die Entwicklung bei den Leitzinsen bereits Monate im Voraus vorweggenommen haben. Die Aktienmärkte reagierten trotzdem positiv, der Dax erreichte zwischenzeitlich ein neues Allzeithoch. Die konjunkturelle Begleitmusik der Geldpolitik war dabei durchaus aufmunternd. Einige Konjunkturindikatoren, etwa aus Deutschland, überraschten nach langer Zeit wieder positiv. Auch die Erwartungen auf eine Verbesserung der Geschäftslage in den kommenden Monaten bleiben lebendig.
Weltweit gab es ebenfalls positive Signale aus der Wirtschaft. In China wurden staatliche Konjunkturprogramme angekündigt, die jedoch in der vergangenen Woche nicht ausreichend konkretisiert wurden. In den USA zeigen Wirtschafts- und Unternehmenszahlen weiter nach oben. Hier stellt sich mittlerweile die Frage, ob die US-Notenbank bei ihren Zinssenkungen nicht vorsichtiger vorgehen muss. Eine stärkere US-Wirtschaft unterstützt den US-Dollar, der in den vergangenen Wochen spürbar aufwertete.
11.10.2024, Kolumne von Dr. Ulrich Kater: Spaßbremse US-Inflation
Die Rekord-Party beim US-Aktienindex S&P 500 hätte so schön weitergehen können. Noch am Mittwoch war ein erneuter Höchststand erreicht worden. Auch der Deutsche Aktienindex DAX näherte sich seinem Hoch von Ende September. Die Händler hatten darauf gehofft, dass die großen Notenbanken ihre Leitzinsen schneller senken könnten als bislang gedacht. Anlass hierfür war unter anderem, dass die EZB recht deutlich kommuniziert hatte, dass sie in ihrem Oktober-Zinsentscheid wieder einen Schritt nach unten machen würde. Den hatten viele bis dahin noch nicht auf dem Radar gehabt. Doch dann wurden am Donnerstagnachmittag die US-Inflationszahlen veröffentlicht. Und die verdarben den Märkten den Spaß. Sowohl die Gesamtrate als auch die Kernrate (ohne Energie und Nahrungsmittel) fielen im September höher aus als erwartet. Damit ist ein schnelles Senken der Leitzinsen zumindest für die USA fürs Erste wieder vom Tisch.
In Deutschland wurden in der großen Konjunkturdatenwoche des Monats höchst erfreuliche Produktionsdaten für August gemeldet. Ein Plus von 2,9 Prozent gegenüber dem Vormonat, das war ein klares Lebenszeichen der deutschen Industrie. Zumindest auf den ersten Blick. Denn bei genauerem Hinschauen war der kräftige Anstieg kein wirkliches Hoffnungssignal, sondern lediglich eine Folge der Probleme bei der Saisonbereinigung. Die Automobilbauer hatten ausnahmsweise schon im Juli ihre Sommerferien gemacht. Bei nüchterner Betrachtung – auch der anderen Daten dieser Woche wie Auftragseingänge und Außenhandel – hängt die deutsche Wirtschaft weiterhin ziemlich in den Seilen. Weder von innen noch von außen gibt es Anzeichen einer nennenswert anziehenden Wachstumsdynamik.
04.10.2024, Kolumne von Dr. Ulrich Kater: Sorgenkind Auto
In der vergangenen Woche gingen die Aktienindizes weltweit von ihren Ende September erreichten Rekordständen etwas zurück. Der Höhenflug der Aktienmärkte scheint insofern fürs Erste beendet. In Deutschland wird immer deutlicher, dass sich die Automobilindustrie zum Sorgenkind der Nation entwickelt. Und die anfängliche Euphorie an den Märkten über die von der chinesischen Regierung angekündigten konjunkturstützenden Maßnahmen wich schnell einer nüchterneren Einschätzung. Fakt ist, dass die strukturellen Probleme Chinas mit echten Reformen angegangen werden müssen. Konjunkturpakete können höchstens ein kleines Strohfeuer entfachen. Auch die neuerliche Eskalation im Nahen Osten wirkt sich marktbelastend aus. Es war schon verwunderlich, dass die Märkte diese Risiken gänzlich ausblendeten.
Doch es gab in den vergangenen Tagen auch durchaus ermutigende Nachrichten: Die Konjunkturdaten für die USA signalisieren weiterhin, dass die Wirtschaft dort stabil wächst. Der starke Zinsanstieg in den Jahren 2022/23 hat zu keiner Rezession („hard landing“) geführt, ja noch nicht einmal zu einer Stagnation („soft landing“). Das „no landing“-Szenario ist nach wie vor intakt, und so trägt die US-Wirtschaft dazu bei, dass die Weltwirtschaft in diesem und im nächsten Jahr ihr Wachstum von etwa 3 Prozent beibehalten dürfte. Euroland, und hier vor allem Deutschland, ist dagegen eher der Bremsklotz im globalen Getriebe. Dies hat die Europäische Zentralbank (EZB) offensichtlich dazu bewogen, für ihren Oktobertermin eine weitere Leitzinssenkung ernsthaft in Betracht zu ziehen. Diese zügigere geldpolitische Lockerung könnte der Wirtschaft und den Märkten neue Unterstützung geben. Dass die EZB die Inflationsgefahren etwas gelassener sehen kann, bestätigten die jüngsten Inflationsdaten aus Euroland. Die Gesamtrate ist zurzeit im Zielbereich der Zentralbank, wobei allerdings die Kernrate (ohne Energie und Nahrungsmittel) unverändert zu hoch blieb.
27.09.2024, Kolumne von Dr. Ulrich Kater: Feuerwerk aus China
An den Aktienmärkten wurde in der zurückliegenden Handelswoche ein weiteres Kursfeuerwerk gezündet. Die bedeutendsten Aktienindizes verzeichneten neue historische Höchststände, darunter auch der deutsche Leitindex DAX. Selbst die „magische“ Marke von 20.000 Punkten fühlt sich nun greifbarer an. Der Anlass der Kursanstiege stammte aus China. Hier hat die politische Führung ein Stimulierungsprogramm zur Unterstützung der schwächelnden chinesischen Wachstumszahlen gestartet. Bereits in der Vorwoche wurden geldpolitische Impulse in Gestalt von Zinssenkungen initiiert. Jetzt kam ein Förderprogramm zum Erwerb von Aktien oben drauf. Dies gab den zuletzt arg gebeutelten chinesischen Aktien einen deutlichen Impuls. Der zentrale chinesische Index CSI 300 stieg innerhalb der Woche um knapp 16 Prozent. In Europa waren es vor allem Unternehmen mit starkem Chinageschäft, wie etwa Luxuswarenhersteller, deren Kurse anzogen. Aber auch der breite Aktienmarkt wurde mitgezogen. Dabei werden die bisherigen chinesischen Stimuluspakete wohl kaum ausreichen, um die Wachstumsprobleme der zweitgrößten Volkswirtschaft der Welt zu lösen. Die Hoffnungen der Börse ruhen nun auf weiteren Maßnahmen, welche direkt den schwächelnden Konsum in der Volksrepublik ankurbeln sollen. Solchen Maßnahmen kündigte die chinesische Regierung auch an, allerdings sind Einzelheiten noch nicht bekannt.
Auch von anderer Seite kam Unterstützung für die Aktienmärkte. Insbesondere in Europa deuten neue Daten auf einen weiter nachlassenden Inflationsdruck hin. Das spricht für schnellere Zinssenkungen als bisher erwartet. In der Schweiz stellten sich sogar schon wieder Ängste vor zu niedrigen Inflationsraten ein. Ein neues Niedrigzinsumfeld würde Aktien- wie auch sonstige reale Vermögenswerte weiter unterstützen.
20.09.2024, Kolumne von Dr. Ulrich Kater: Zinswende mit Paukenschlag eingeläutet
Der Paukenschlag an den Finanzmärkten kam in der abgelaufenen Handelswoche aus Washington. Zwar hat die US-Notenbank Fed die Leitzinsen erwartungsgemäß gesenkt, sie überraschte aber die überwiegende Mehrheit der Analysten mit einer Senkung um einen halben statt einem viertel Prozentpunkt auf nun 4,75 Prozent. Im Vorfeld der Entscheidung waren schon Berichte durchgesickert, dass die Fed mit einem großen Zinsschritt liebäugele. Am Ende gab wohl den Ausschlag, dass die Zentralbank ihre Geldpolitik als zu restriktiv für eine US-Wirtschaft einschätzte, die zuletzt zu schwächeln begonnen hatte. Insbesondere die Arbeitslosigkeit war in den vergangenen Monaten leicht gestiegen. Dabei betonte Fed-Chef Powell, dass die US-Konjunktur weiterhin kräftig sei. Hierdurch wollte er vorbeugen, dass die Märkte über eine vermeintlich negative wirtschaftliche Einschätzung der US-Währungshüter in Panik gerieten. Solche Sorgen erwiesen sich dann auch als unbegründet: Weltweit reagierten die Aktienmärkte freundlich auf die scharfe Zinswende in den USA. In Deutschland erreichte der Dax mit über 19.000 Punkten ein neues Allzeithoch. Damit sind nun die großen Notenbanken alle auf Lockerungskurs. Allerdings betreffen die sinkenden Zinsen vor allem kurzlaufende Finanzverhältnisse. Bei langfristigen Renditen hielten sich die Reaktionen in Grenzen. Hier hatte sich schon lange im Voraus der Konsens gebildet, dass die Geldpolitik im Sommer oder im Herbst mit Lockerungen beginnen würde. Aus dem gleichen Grund werden auch Hypothekenzinsen nicht mehr viel auf die Zinsentscheidung aus den USA reagieren. Sie sind ebenfalls bereits in den vergangenen Monaten gesunken und haben damit den Lockerungskurs der großen Notenbanken, zu denen auch die Europäische Zentralbank gehört, vorweggenommen.
13.09.2024, Kolumne von Dr. Ulrich Kater: Die Fed wird der EZB folgen
Meist schreiten die USA bei Konjunktur- und Zinszyklen voran und die Europäer folgen mit etwas zeitlichem Abstand. Umso bemerkenswerter ist es, dass die Europäische Zentralbank (EZB) am Mittwoch erwartungsgemäß zum zweiten Mal die Leitzinsen um 25 Basispunkte gesenkt hat, während die amerikanischen Währungshüter ihre Geldpolitik noch gar nicht gelockert haben. Aus Sicht der EZB sind die von ihr gesetzten Finanzierungsbedingungen nach wie vor restriktiv. Der Inflationsausblick deutet aber mit hinreichender Zuversicht auf das Erreichen des Zielwerts hin. Der Zinssenkungspfad wird dabei wohl weiter datenabhängig und ohne Hektik beschritten werden. Ohne eine deutliche Verschlechterung des konjunkturellen Umfelds dürfte die nächste geldpolitische Lockerung im Quartalsrhythmus erfolgen.
Aktuell hilft der relativ niedrige Ölpreis von gut 70 US-Dollar pro Fass der Sorte Brent den Notenbanken beim Inflationsgeschehen. Dahinter steckt freilich eine schwächere Nachfrage nach Rohöl. Die in den letzten Tagen gemeldeten Daten zur Industrieproduktion in Europa für Juli offenbarten einen schwachen Start in das dritte Quartal. Für die Aktienmärkte ergab sich in der abgelaufenen Woche daraus ein gemischtes Bild mit wenig veränderten Kursen bei vereinzelt jedoch nennenswerten Schwankungen innerhalb eines Handelstages. Erwähnt sei, dass die viel zitierten sieben großen Digitalisierungs- und Technologiekonzerne in den USA eine gute Woche erlebt haben. Dies darf indes vorerst nur als Gegenbewegung zu der erlebten Schwächephase seit Mitte Juli verstanden werden. Gegenüber den Aktienbörsen fiel das Handelsgeschehen an den Rentenmärkten vergleichsweise einheitlich aus: Die Renditen von Staatsanleihen gaben diesseits und jenseits des Atlantiks nach.
06.09.2024, Kolumne von Dr. Ulrich Kater: Abwärts in die richtige Richtung
Es kann durchaus positiv sein, wenn es abwärtsgeht. Beispielsweise ist es hilfreich für die Inflation, wenn – wie es zuletzt der Fall war – die Rohölpreise deutlich sinken. Und abwärts gerichtete Inflationsraten sind notwendig, damit die großen Notenbanken ihre Leitzinsen senken können. So nahmen in der vergangenen Woche die Spekulationen über die anstehende Leitzinssenkung der US-Notenbank Fed wieder Fahrt auf. Die Fed könnte bei ihrem Zinsentscheid am 18. September nicht mit einem 25-Basispunkteschritt nach unten gehen, sondern vielleicht gleich mit 50 Punkten. Die US-Inflationsraten würden dem nicht widersprechen. Deshalb richtet sich der Blick jetzt fast ausschließlich auf den US-Arbeitsmarkt und damit die US-Konjunktur.
Es bleibt aber weiter unsicher, wie sich der Leitzinssenkungspfad und die Konjunktur entwickeln werden. Schwankungen an den Zinsmärkten dürften daher fürs Erste hoch bleiben und auch auf die Aktienmärkte ausstrahlen. Diese haben erstmal eine Pause in ihrer Rekordjagd eingelegt. Die Bedenken nehmen zu, dass die konjunkturelle Abkühlung die Unternehmensgewinne doch mehr belasten könnte als bislang erwartet. Hinzu kommt, dass es an den Märkten mit Blick auf die japanische Geldpolitik wieder etwas rumort. Die Erinnerung an die starken Aktienkursrückgänge im August ist noch frisch. Dass in Japan – anders als im Rest der Welt – die Zinszügel weiter angezogen werden müssen, bestätigten die stärksten Lohnsteigerungen seit 30 Jahren.
Mit einem gewissen Aufatmen dürften die europäischen Anleihemärkte die Tatsache quittieren, dass Michel Barnier vom französischen Präsidenten Emmanuel Macron zum neuen Premierminister ernannt wurde. Die große Furcht vor ausufernden Haushaltsdefiziten in der zweitgrößten Volkswirtschaft der Eurozone ist fürs Erste beruhigt, denn der Republikaner Barnier gilt als fiskalisch eher konservativ. Damit sollten die Risikoaufschläge bei französischen Staatsanleihen wieder etwas zurückgehen.
30.08.2024, Kolumne von Dr. Ulrich Kater: Gold glänzt, Öl schmiert ab
Das Inflationsgespenst in Europa verflüchtigt sich langsam. Nicht nur in Deutschland fielen die jüngsten Inflationszahlen mit 1,9 % im Jahresvergleich positiv aus und bewegen sich jetzt wieder im Zielkorridor der Europäischen Zentralbank (EZB). Im Vergleich zum Vormonat sanken die Preise sogar, was an den Energie- wie auch an den Nahrungsmittelpreisen lag. So erfreulich diese Zahlen auf der einen Seite zwar sind, sie müssen auf der anderen Seite auch dauerhaft sein, und diese Probe steht noch aus. Das gesamtwirtschaftliche Bild in Deutschland sieht hingegen weniger rosig aus. Das deutsche Bruttoinlandsprodukt schrumpfte im vergangenen Quartal und kann somit weiterhin keinen Schwung aufnehmen. Auch die Unternehmensumfragen zeigen wenig Zuversicht. Insbesondere das Verarbeitende Gewerbe, das traditionell als Rückgrat der deutschen Wirtschaft gilt, leidet weiterhin unter zahlreichen Unsicherheiten und schwächelnder Nachfrage. Sinkende Exportaufträge und rückläufige Auftragseingänge zeichnen ein klares Bild: Die Konjunktur wird durch die Industrieschwäche belastet. Die Kombination aus niedriger Inflation und schwacher Wirtschaft eröffnet der EZB schließlich sowohl die Notwendigkeit als auch den Spielraum, ihre Geldpolitik zu lockern. Die Aktienmärkte antizipierten dies vergangene Woche und der DAX erreichte am Donnerstag ein neues Allzeithoch. Jenseits des Atlantiks zeigen die Vereinigten Staaten ein anderes Bild. Das US-BIP konnte zuletzt positiv überraschen und zeugt von einer anhaltend robusten Wirtschaftsleistung. Diese Stärke in der größten Volkswirtschaft der Welt trägt nicht zuletzt dazu bei, das globale Wirtschaftswachstum intakt zu halten und wird auch weiterhin weltweit die Aktienkurse stützen.
23.08.2024, Kolumne von Dr. Ulrich Kater: Gold glänzt, Öl schmiert ab
Ein fallender Rohölpreis unterstützte die Aktienkurse in der zurückliegenden Handelswoche. Durch den Rückgang des Ölpreises, einem entscheidenden Kostenfaktor für viele Industriegüter, sanken auch die Inflationserwartungen. Diese Entwicklung bietet den Zentralbanken international mehr Spielraum, wenn es um die Frage geht, wie schnell und stark die nächsten Zinssenkungen erfolgen könnten. Unterstützt wurde dieses Narrativ durch ein fallendes Lohnwachstum in der Eurozone und eine nach wie vor schwächelnde Konjunktur, insbesondere im Euroraum. Die Aussicht auf eine lockerere Geldpolitik beflügelte die Märkte: Sowohl Aktien als auch Gold legten kräftig zu. Der Goldpreis erreichte mit 2.500 US-Dollar pro Feinunze ein neues Allzeithoch. Damit unterstreicht das Edelmetall einmal mehr seine Rolle als sicherer Hafen in Zeiten wirtschaftlicher und geopolitischer Unsicherheit.
Trotz eines gemischten Bilds hinsichtlich verschiedener ökonomischer Zahlen dies- und jenseits des Atlantiks bewegten sich die Aktienmärkte nur zwei Wochen nach der kurzzeitigen Korrektur vom Monatsanfang wieder auf dem Niveau ihrer Höchststände. Trotz und vielleicht gerade wegen der positiven Marktentwicklung sollte man nicht in Euphorie verfallen. Die Erwartungen auf Zinssenkungen könnten sich leicht wieder umkehren, wenn die nächsten Inflationszahlen trotz Entlastung durch die Rohölpreise höher bleiben als erwartet. Dies legen sogar die jüngsten Inflationszahlen in der Eurozone nahe: Zwar stiegen die Preise für Industriegüter nur noch sehr geringfügig – um 0,7 Prozent – an, allerdings liegt die Inflationsrate bei Dienstleistungspreisen nach wie vor um 4 Prozent gegenüber dem Vorjahr. Die Zinspolitik der Zentralbanken bleibt damit weiterhin im Spannungsfeld zwischen Inflationsbekämpfung und Unterstützung der wirtschaftlichen Erholung. Damit bleibt sie anfällig für kurzfristige Veränderungen bei den laufenden Wirtschaftsdaten.
16.08.2024, Kolumne von Dr. Ulrich Kater: War was?
Nach den teilweise heftigen Kursverlusten der Vorwochen setzte an den Aktienmärkten eine spürbare Erholung ein. Viele Marktteilnehmer reiben sich verwundert die Augen über die schnelle Entspannung, die von einer Reihe von Indikatoren unterstützt wurde. Die Sorgen um eine drohende Rezession in den USA scheinen auf einmal wieder übertrieben angesichts guter Daten zum US-Arbeitsmarkt und zu den Konsumausgaben. Die jüngsten Informationen deuten darauf hin, dass Verbraucher zwar selektiver, aber immer noch ausgabefreudig sind. Auch die neuen Inflationsdaten gaben wenig Anlass zur Kritik. Zum ersten Mal seit 2021 lag die Gesamtinflation dort unter der 3-Prozent-Marke und damit nahe des angestrebten Inflationsziels von 2 Prozent. Diese Daten sorgten für vorsichtigen Optimismus, da sie auf eine erfolgreiche Inflationsbekämpfung hindeuten und geben somit grünes Licht für eine Zinssenkung der US-Notenbank Fed im September.
In Europa malten die Unternehmen trotz der trüben Konjunkturalge ein eher positives Bild ihrer Geschäftsentwicklung. Im vergangenen Quartal konnten sie ihre Gewinne weiter steigern. Trotz dieses Aufatmens bleiben die Finanzmärkte anfällig. So bleibt etwa die Kerninflation in den USA, die besonders die Preisdynamik bei Dienstleistungen abbildet, hartnäckig über der 3-Prozent-Schwelle. Es ist daher nach wie vor Vorsicht geboten, denn übertriebener Optimismus könnte wieder in eine Korrekturwelle führen, wie sie gerade über die Aktienmärkte geschwappt ist.
Der Blick kommende Woche richtet sich vorrangig auf das bevorstehende Notenbanktreffen in Jackson Hole. Notenbanker und Ökonomen aus aller Welt kommen dort zusammen, um ihre Einschätzungen zur weiteren geldpolitischen Entwicklung zu präsentieren. Von besonderem Interesse sind auch die bevorstehenden Einkaufsmanagerindizes (PMIs) aus Europa, insbesondere aus Deutschland, Großbritannien und Frankreich. Diese werden Aufschluss über die aktuelle konjunkturelle Lage in den größten Volkswirtschaften Europas geben. Zudem steht der Zinsentscheid der schwedischen Riksbank im Fokus.
09.08.2024, Kolumne von Dr. Ulrich Kater: Achterbahnfahrt an den Märkten
Die vergangene Woche startete mit Angst und endete mit Hoffnung. Nachdem unter anderem die US-Arbeitsmarktdaten enttäuscht hatten, packte die Anleger zum Wochenbeginn zunehmend die Furcht vor einer drohenden Rezession in den USA. Hinzu kamen die zunehmenden geopolitischen Spannungen im Nahen Osten. Diese Faktoren lösten einen Stimmungsumschwung aus, der eine – durchaus notwendige – Kurskorrektur an den Aktienmärkten auslöste. Der Dow Jones verzeichnete den stärksten Tagesverlust seit 2022. Technologiewerte waren dabei in den USA am stärksten betroffen, nachdem diese schon in den Vorwochen unter Druck geraten waren. Auch deutsche Aktien mussten leiden, der DAX verlor in der Spitze 1.000 Punkte. Im Laufe der Woche glätteten sich die Wogen, und die Panik an den Märkten ebbte ab, nicht nur in Deutschland, sondern weltweit. Investoren nutzen die Kursrückgänge, um Aktienpositionen aufzustocken, und in der Folge erholten sich die Kurse wieder etwas, wenngleich das Gesamtbild von Unsicherheit und Volatilität geprägt blieb.
Der Bitcoin – gelegentlich von Krypto-Anhängern als sicherer Hafen in Krisenzeiten bezeichnet – erwies sich klar als Risikoanlage und verlor im Vergleich zu Aktien überproportional stark. Der Goldpreis überraschte insofern, als auch er am Wochenanfang parallel zu den Risikoanlagen verlor und sich gegen Ende der Woche erholte. Die Zinsmärkte waren ebenfalls von starken Schwankungen geprägt, die Aussicht auf eine konjunkturelle Eintrübung und die aufgekommene Panik an den Märkten ließen zwischenzeitlich eine größere Leitzinssenkung der US-Notenbank Fed im September wieder realistischer erscheinen.
26.07.2024, Kolumne von Dr. Ulrich Kater: Gegenwind an der Börse
Mit dem Rückzug von Joe Biden als Präsidentschaftskandidat ist das Rennen um das Weiße Haus wieder völlig offen. Jüngsten Berichten zufolge hat US-Vizepräsidentin Kamala Harris bereits mehr als 50 Prozent der notwendigen Delegiertenstimmen für ihre Präsidentschaftskandidatur. Eine Abstimmung bis zum 7. August soll ihre offizielle Nominierung noch vor dem Parteitag am 19. August bestätigen. Während mit Biden ein Sieg Trumps an den Kapitalmärkten bereits als nahezu sicher galt, bringt Harris neue Perspektiven in den Wahlkampf und dadurch erhöhte Schwankungsanfälligkeit an die Finanzmärkte. Ein Grund: Aus Marktsicht ist die mögliche Kandidatur von Harris von besonderer Bedeutung, da sie den Demokraten die Möglichkeit eröffnet, den Senat und möglicherweise sogar das Repräsentantenhaus zu gewinnen, selbst wenn Harris gegen Trump verliert.
Für die Finanzmärkte wäre eine Mehrheit der Demokraten im Senat und im Repräsentantenhaus ein positives Szenario, weil Trump dann seine extremsten Positionen, insbesondere eine deutliche Ausweitung der US-Staatsverschuldung, nur begrenzt durchsetzen könnte. Trotzdem zollten die US-Aktienmärkte den politischen Änderungen erst einmal in Form von Kursrückgängen Tribut. Besonders Technologiewerte kamen unter die Räder. Zwar waren die Gewinnberichte teilweise solide, konnten jedoch insgesamt nicht überzeugen. Trotz aller politischen Unabwägbarkeiten bleiben die US-Aktienmärkte für Anleger wichtig. Die robuste US-Wirtschaft mit soliden Unternehmensgewinnen und hoher Innovationskraft bietet weiterhin attraktive Anlagechancen.
In Europa hingegen enttäuschten einige Konjunkturindikatoren, etwa der ifo-Geschäftsklimaindex. Obwohl diese Entwicklung auf eine Industrierezession hindeutet, reagieren die Aktienkurse kaum, da europäischen Werte insgesamt günstiger bewertet sind als ihre amerikanischen Pendants.
19.07.2024, Kolumne von Dr. Ulrich Kater: US-Wahlkampf lässt Märkte kalt
Die vergangene Woche stand an den Finanzmärkten erneut im Zeichen der Politik. Das Attentat auf Donald Trump hat seine Chancen auf den Wahlsieg erhöht, was zu deutlichen Bewegungen an den Aktienmärkten führte. Kleinere Unternehmen, die von Deregulierung und Steuersenkungen profitieren könnten, verzeichneten deutliche Kursgewinne. Dagegen verloren hoch kapitalisierte Technologiewerte an Boden, da die Nominierung von Vizepräsident Vance isolationistische Maßnahmen und ein Aufbrechen von Monopolen wahrscheinlicher erscheinen lässt. Dies würde insbesondere großen und international ausgerichteten Unternehmen schaden.
Die Europäische Zentralbank (EZB) hat auf ihrer Juli-Sitzung die Erwartungen der Marktteilnehmer erfüllt und die Zinsen unverändert gelassen. EZB-Präsidentin Christine Lagarde gab in ihrem Ausblick keinen konkreten Termin für die nächste Leitzinssenkung an und betonte die Abhängigkeit zukünftiger Zinsschritte von den Wirtschaftsdaten. Gleichzeitig wies sie auf Risiken im wirtschaftlichen Ausblick der Eurozone hin, wodurch sie sich sogar die Möglichkeit weiterer rascher Zinsschritte offenhielt. Sie stellte jedoch klar, dass diese Entscheidung noch völlig offen sei. Die jüngsten Inflationsdaten für den Euroraum zeigten zwar weiterhin hohe Veränderungsraten bei Dienstleistungspreisen. Dennoch ist angesichts des sinkenden Lohndrucks davon auszugehen, dass die Teuerungsraten der Dienstleistungen ab dem nächsten Jahr deutlich zurückgehen werden.
In der neuen Kapitalmarktwoche erwarten uns Konjunkturzahlen aus Deutschland. Das ifo Geschäftsklima deutete zuletzt auf eine weiter vor sich hin schwächelnde deutsche Wirtschaft. Dies wird sich wohl auch im Juli nicht verbessert haben. Dass die wirtschaftliche Entwicklung in Europa zweigeteilt verläuft, sollten die Unternehmensumfragen aus anderen Euro-Mitgliedsländern belegen, die ebenfalls in der kommenden Woche gemeldet werden. Und schließlich sind die neuen Inflationszahlen aus den USA der zweite Hingucker der Woche. Von diesen Inflationszahlen sowie dem Konjunkturverlauf in den USA in den kommenden Monaten hängt es ab, ob die US-Notenbank Fed der europäischen Zentralbank bald mit einer ersten Zinssenkung folgen kann.
12.07.2024, Kolumne von Dr. Ulrich Kater: Höher, schneller, weiter
An den Aktienmärkten ging es weiter nach oben, insbesondere in den USA, wo neue Allzeithochs erreicht wurden. Die politischen Turbulenzen um die Präsidentschaftskandidatur von Joe Biden beeinträchtigen die Märkte kaum. Gegenwärtig ist bei aller weiterhin bestehenden Unsicherheit sogar eine neue Präsidentschaft Donald Trumps eingepreist. Den größten Unterschied zwischen den beiden Kandidaten in wirtschaftspolitischer Hinsicht bildet noch die Perspektive von weiter steigenden Staatsschulden und einer Präsidentschaft Trump 2.0. Da allerdings alle finanzpolitischen Entscheidungen im Zusammenspiel mit dem Parlament getroffen werden müssen und dann auch nur allmählich wirksam werden, reagieren die Kapitalmärkte nur sehr verhalten auf eine solche Perspektive: Allenfalls einige Zehntel Prozentpunkte an Risikoprämie sind bei länger laufenden Anleihen mittlerweile in den Kursen enthalten. Höhepunkt der abgelaufenen Datenwoche bildeten die Inflationszahlen aus den USA. Nachdem bereits im Juni die ersten Zahlen bekannt wurden, die auf eine weitere Entspannung der Teuerungsdynamik in den USA hindeuteten, brachten die Juli-Zahlen die Fortsetzung dieses Trends. Eine erste Zinssenkung im September ist damit wieder wahrscheinlicher geworden. Nicht viel Neues gab es dagegen von den europäischen Zahlen. Die neuesten konjunkturellen Frühindikatoren für den Euroraum setzten den jüngsten Schwächetrend fort, so dass der bislang erwartete Aufschwung wieder abgeblasen werden könnte, noch bevor er sich im Bruttoinlandsprodukt bemerkbar machen kann. Zinssenkungen durch die Notenbanken bleiben in diesem Jahr weiter auf der Agenda. Die Geschwindigkeit der Zinssenkungen dürfte aber nicht mehr so sehr von der Inflationsentwicklung abhängig sein als vielmehr vom Fortgang der schwächelnden Konjunktur in den USA und in Europa.
05.07.2024, Kolumne von Dr. Ulrich Kater: Politik prägt die Woche, aber nicht die Märkte
Reihenweise prasseln die politischen Ereignisse auf die Finanzmärkte nieder. Die französischen Präsidentschaftswahlen brachten die nationalkonservative Bewegung Rassemblement National (RN) soweit nach vorne, dass sie die französische Politik in den nächsten Jahren erheblich mitgestalten oder blockieren kann. Die sich jetzt – vor dem zweiten Wahlgang – formierenden lokalen Bündnisse reduzieren zwar die Wahrscheinlichkeit, dass das RN die
absolute Mehrheit erreichen wird. Im polarisierten Parlament wird eine konstruktive Politik jedoch kaum möglich sein und entsprechend werden die Sorgen um den französischen Haushalt die Märkte weiter umtreiben. In Großbritannien übernimmt die Labour-Partei mit einem erdrutschartigen Sieg die Regierungsgeschäfte. Hier wird allerdings in vielen Feldern nicht mit einem durchgreifenden Politikwechsel gerechnet. Im Vordergrund steht vielmehr die Hoffnung, dass nach Jahren der unsteten Politik – angesichts stabiler Mehrheitsverhältnisse – mit einer konstanten Politik gerechnet werden kann. In den USA wiederum sorgt der desaströse Auftritt des amtierenden Präsidenten Biden im Fernsehduell mit Donald Trump für immer mehr Stimmen, die einen Wechsel des demokratischen Präsidentschaftskandidaten fordern. Die Finanzmärkte zeigten sich jedoch unbeeindruckt von diesen politischen Vorgängen. Das liegt daran, dass die gesamtwirtschaftlichen Auswirkungen von Regierungswechseln in den meisten Fällen erfahrungsgemäß recht gering sind. Steigende Staatsschulden geraten immer mehr in den Fokus der Anleihemärkte. Allerdings steht sowohl in Frankreich als auch in den USA keine der zur Wahl stehenden Parteien für einen finanzpolitischen Konsolidierungskurs.
28.06.2024, Kolumne von Dr. Ulrich Kater: Frankreich vor der Wahl
Eine Woche vor den französischen Wahlen bewegten sich Aktien- und Anleihemärkte seitwärts. Es ist zu erwarten, dass die Ergebnisse der Neuwahlen die sich langsam aber stetig verändernde politische Landschaft hin zu den Rändern widerspiegeln. Dies nicht zuletzt, weil es offensichtlich der politischen Mitte an Einigkeit und an Willen mangelt, dies zu ändern. Die möglichen Koalitionsverhandlungen nach dem zweiten Wahlgang am 7. Juli zeichnen sich als schwierig ab. Euroabschaffung oder EU-Austritt sind jedoch nicht Teil der Wahlprogramme. Haushaltskonsolidierung oder auch nicht: Es gibt eine breite politische Unterstützung für weitere EU-schuldenfinanzierte-Fonds. Kurzfristig könnte es als Reaktion auf das Wahlergebnis zu einer technisch getriebenen Beruhigung bei den Renditeabständen der französischen Staatsanleihen gegenüber deutschen Bundesanleihen kommen. Allerdings wird sie kaum anhalten und französische Anleihen werden dauerhaft auf erhöhten Renditeniveaus verharren. Mittelfristig sind höhere Risikoprämien angesichts steigender Schuldenquoten und einem sich beschleunigenden Abbau der Staatsanleihen auf der Bilanz der Europäischen Zentralbank wahrscheinlich.
Auch in den USA werfen die Wahlen ihre Schatten voraus: Nach dem ersten Fernsehduell der beiden Hauptkontrahenten stürzten die Wahlaussichten für Amtsinhaber Biden ab, allerdings ohne Reaktionen an den Kapitalmärkten. Konjunkturell war die abgelaufene Handelswoche für die deutsche Volkswirtschaft wenig erfolgreich. Der ifo Geschäftsklimaindex rutschte weiter leicht ab. Die deutsche Wirtschaft verliert den Anschluss an die Weltwirtschaft. Während weltweit die Aktivität kräftig läuft, dümpelt in Deutschland die Konjunktur vor sich hin. Der Wirtschaftsstandort Deutschland muss mehr tun, um den gegenwärtigen weltweiten Strukturwandel erfolgreich zu bestehen.
21.06.2024, Kolumne von Dr. Ulrich Kater: Kapitalmärkte im Bann der Politik
Die europäischen Finanzmärkte standen auch in der abgelaufenen Handelswoche weiterhin im Zeichen der politischen Entwicklungen in wichtigen Volkswirtschaften. In Frankreich beruhigten sich die Kurse der Staatsanleihen. Seit dem Hoch im Renditeabstand zu Bundesanleihen in der Vorwoche hat sich die Renditedifferenz wieder um etwa 7 Basispunkte eingeengt. Diese konstruktive Stimmung übertrug sich auf andere Marktsegmente und ermöglichte die Emission neuer Anleihen. Dass die Staatsfinanzen das neue Problemkind der europäischen Wirtschaftspolitik werden könnte, wurde anhand der Wiederaufnahme der europäischen Schuldenregeln durch die Europäische Kommission deutlich, die während der Coronakrise ausgesetzt gewesen waren. In der abgelaufenen Woche wurde gegen sieben Staaten, unter anderem Frankreich und Italien, ein Verfahren wegen zu hoher Haushaltsdefizite bekanntgeben. Konkrete Auswirkungen auf den Haushalt wird dies zunächst jedoch nicht haben. Das französische Linksbündnis hat schon angekündigt, sich über die Haushaltsregeln der EU hinwegsetzen zu wollen, die Rechtsparteien wollen die Beiträge zur EU kürzen. Hier bahnt sich neuer Ärger in der Finanzetage des europäischen Hauses an. In den USA legten die Einzelhandelsumsätze im Mai mit +0,1 Prozent schwächer als erwartet zu und zudem wurde der Vormonat nach unten revidiert. Die Daten führten zusammen mit Kommentaren von US-Notenbankern dazu, dass die Zinssenkungserwartungen für die Fed per September auf knapp 75 Prozent Wahrscheinlichkeit anstiegen.
In der neuen Handelswoche stehen Konjunkturmeldungen aus Deutschland im Vordergrund. Hier steht die Frage, wie die Unternehmensstimmung auf die politischen Unsicherheiten durch die Europawahl reagiert, steht im Blickpunkt. Der ifo Geschäftsklimaindex wird diese Frage beantworten. In den USA stehen wichtige Inflationsdaten an. Der monatliche Preisanstieg dürfte erstmals in diesem Jahr im Zielbereich der Fed gelegen haben.
14.06.2024, Kolumne von Dr. Ulrich Kater: Handelsklima wird rauer
Ein Seufzer der Erleichterung ging durch die Finanzmärkte, als die neuesten Inflationsdaten für die USA gemeldet wurden. Nachdem fast alle Inflationszahlen, die bislang in diesem Jahr gemeldet wurden, negativ überrascht hatten, war der jetzt veröffentliche Mai-Wert endlich einmal deutlich besser als die Befürchtungen. Für die Finanzmärkte ein sehr wichtiges Signal, denn bei abermals zu hohen Inflationsraten wäre die US-Notenbank zu einer Reaktion gezwungen gewesen. Sie hätte die eigentlich geplanten Zinssenkungen zumindest für dieses Jahr vollständig absagen müssen. So können die US-Geldpolitiker jedoch ihre Erwartungen auf eine letztendliche weitere Beruhigung der Inflationszahlen in den USA aufrechterhalten. Zwar ist die Teuerung in der US-Wirtschaft von hohen einstelligen Raten bereits wieder deutlich zurückgekommen. Aber für die Geldpolitik ist mittelfristig die Einhaltung des 2-Prozent-Ziels von hoher Bedeutung. Dementsprechend äußerte sich US-Notenbank-Chef Powell bei der turnusmäßigen Sitzung trotz der vorteilhaften Inflationszahlen vorsichtig im Hinblick auf mögliche Leitzinssenkungen. Viel spricht dafür, dass die US-Notenbank im Herbst mit einer ersten Zinssenkung beginnt, alle weiteren Schritte aber eng an die künftigen Wirtschaftsdaten bindet.
Die Aktienmärkte nahmen diese Entwicklungen mit Erleichterung auf, ohne jedoch in Euphorie zu verfallen. Im Euroraum sind die Zölle gegenüber chinesischen Elektroautos das Topthema. Die Europäische Union spielt damit ihre Verhandlungsmacht als einer der größten Wirtschaftsräume gegenüber nicht-marktwirtschaftlichen Praktiken der chinesischen Wirtschaftspolitik aus. Zwar wurden aus China Gegenmaßnahmen angekündigt, ihr Umfang und ihre Wirksamkeit sind jedoch unsicher, insbesondere da die chinesische Wirtschaftsentwicklung gegenwärtig mehr denn je vom Außenhandel abhängig ist. An den Aktienmärkten in den USA führte das geldpolitische Aufatmen vorübergehend zu neuen Höchstständen. Der deutsche Aktienmarkt und insbesondere Autoaktien reagierten verschnupft auf das handelspolitische Streitthema.
07.06.2024, Kolumne von Dr. Ulrich Kater: Endlich Zinssenkung
Eine Woche der Entscheidung liegt hinter den Börsianern. Zum ersten Mal seit fünf Jahren senkte die Europäische Zentralbank (EZB) ihre Leitzinsen. Um einen viertel Prozentpunkt ging es herunter auf nun 3,75 Prozent für Einlagen der Banken bei der Notenbank. An den meisten Finanzierungskonditionen ändert sich allerdings nicht viel: Dadurch, dass der Zinsschritt durch die Währungshüter wochenlang im Voraus öffentlichkeitswirksam vorbereitet worden war, hatten sich Aktien- und Anleihemärkte schon im Vorfeld auf die Aktion einstellen können. Dementsprechend fielen die Marktreaktionen gedämpft aus. Wichtiger für die Marktteilnehmer ist jetzt, wie es in der Geldpolitik weitergeht.
Sowohl die Pressemitteilung der EZB als auch die Präsidentin auf der Pressekonferenz unterstrichen die Absicht, lediglich den Restriktionsgrad der Geldpolitik etwas zurückzufahren. Der Hinweis, dass noch für einige Zeit eine restriktive Ausrichtung der Geldpolitik notwendig sei, sprach für eher langsame Leitzinssenkungen. Dementsprechend gingen die Markterwartungen auf nachfolgende Zinssenkungen bis zum Jahresende leicht zurück. Für den September wird allerdings immer noch mit einem weiteren Abschlag um 0,25 Prozentpunkte gerechnet. Die Aktienmärkte freuten sich letztendlich über die endlich erfolgte Zinswende und legten unter Schwankungen weiter etwas zu. Ansonsten gab es auch in der abgelaufenen Handelswoche aus der deutschen Volkswirtschaft gemischte Signale. Industrieproduktion, Auftragseingänge oder Exportzahlen stürzen zwar nicht weiter ab, allerdings bleibt eine durchgreifende Erholung aus. Insgesamt wird es in diesem Jahr wohl für nicht mehr als ein Wachstum knapp über der Nulllinie reichen.
31.05.2024, Kolumne von Dr. Ulrich Kater: Angespannte Zinsmärkte
Es herrschte über die Woche hinweg eine angespannte Atmosphäre an den Finanzmärkten. Insbesondere an den Rentenmärkten schmeckte den Anlegern folgende Mischung nicht: solides Wirtschaftswachstum, zähe Inflationsraten und anhaltend hohe Haushaltsdefizite. Vor diesem Hintergrund stiegen die Renditen von Bundesanleihen und US-Staatsanleihen im Wochenvergleich. Dies strahlte negativ auf die Aktienmärkte aus, deren Kurse ebenfalls nachgaben.
In der ersten Juniwoche könnte sich die Anspannung wieder etwas legen. Freilich nur, wenn es bei den anstehenden Konjunkturdaten und Notenbanksitzungen keine negativen Überraschungen gibt. Gesetzt erscheint die erste Leitzinssenkung der Europäischen Zentralbank am Donnerstag. Die Finanzmarktteilnehmer werden dabei ihr Augenmerk vor allem darauf richten, was die Pressemitteilung und die Pressekonferenz über den anschließenden Kurs der europäischen Geldpolitik signalisieren. Am Tag zuvor könnte die Bank of Canada die Leitzinswende einläuten, und damit ebenfalls dem großen südlichen Nachbarn, den USA, zuvorkommen. Die US-Notenbank Fed hangelt sich von einem noch zu hohen Inflationswert zum nächsten. Auch die Konjunktur lässt immer noch Zweifel an einer bevorstehenden Zinssenkung übrig. Am Freitag wird der US-Arbeitsmarktbericht im Fokus stehen. Der Beschäftigungsaufbau dürfte sich im Mai etwas abgeschwächt haben, aber immer noch solide ausfallen. Für die Finanzmärkte wäre es wichtig, dass die Leitzinssenkungserwartungen an die Fed für das zweite Halbjahr erhalten bleiben. Ansonsten bliebe es aus Marktsicht nicht nur spannend, sondern sogar weiter angespannt.
24.05.2024, Kolumne von Dr. Ulrich Kater: Zähes Inflations-Ringen
Eine anstrengende Woche an den Kapitalmärkten liegt hinter uns: Aktienmärkte leicht schwächer, Renditen festverzinslicher Wertpapiere höher. Es hat den Anschein, als würde sich die von den Marktteilnehmern gewünschte Zinssenkung noch etwas hinziehen. Schließlich sind Leitzinssenkungen kein Selbstläufer. Dies haben nun auch die Briten, die gerade von Premierminister Sunak zu Parlamentswahlen am 4. Juli aufgerufen wurden, erfahren. Höher als erwartet gemeldete Inflationsdaten schieben die erste Leitzinssenkung der Bank of England etwas nach hinten. Die veröffentlichten Sitzungsprotokolle der US-Notenbank Fed nährten ebenfalls die Sorge, dass die Geldpolitik eher später mit ihrer Lockerung beginnt. Selbst die Konjunktur der Euroländer sieht etwas besser aus, nimmt man die veröffentlichten Einkaufsmanagerindizes als Maßstab.
Die konjunkturellen Perspektiven sehen weiter ordentlich aus. In der anstehenden Woche dürfte das ifo Geschäftsklima für Deutschland etwas mehr Zuversicht der befragten Unternehmen anzeigen. Die Normalisierung geht weiter. Für die Europäische Zentralbank passt dies zu einer sich dem Ziel weiter annähernden Inflationsberuhigung. Daher ist eine Leitzinssenkung am 6. Juni gesetzt. Das sieht in den USA anders aus. Dort bestehen bei den Notenbankgouverneuren einige Zweifel, ob die eigene Geldpolitik restriktiv genug ist, um sie bald lockern zu können. Deshalb werden die Finanzmarktteilnehmer zum Wochenausklang gespannt auf die Veröffentlichung des Deflators der privaten Konsumausgaben warten. Dieses für die Notenbank Fed relevante Inflationsmaß zeigte in den ersten drei Monaten zu hohe Anstiege für eine baldige monetäre Lockerung. Hier würde eine abermalige Enttäuschung für April die Zinssenkungserwartungen für die USA markbelastend nach hinten schieben.
17.05.2024, Kolumne von Dr. Ulrich Kater: Inflation kommt durch den Daten-TÜV
Die Wirtschaftszahl der Woche kam aus den USA. Mit einer Rate von 3,4 Prozent lag die Inflation im April zwar immer noch deutlich über dem Ziel der US-Notenbank, fiel allerdings leicht geringer aus als befürchtet. Die Kapitalmärkte reagierten auf die etwas niedriger als erwarteten Inflationszahlen in den USA sehr erleichtert. Unterstützt wurde die gestiegene Zuversicht auf sinkende Leitzinsen auch durch deutlich geringere Einzelhandelsumsätze als erwartet. Das dürfte diejenigen Notenbanker etwas beruhigen, die in den vergangenen Wochen schon befürchteten, dass die US-Konjunktur überhitzt. Aber aus dem Schneider ist die Geldpolitik noch lange nicht: Die Zuwächse der Preise um 0,3 Prozent – sowohl im gesamten Verbraucherpreisindex als auch in der Kernrate, die die stark schwankenden Lebensmittel- und Energiepreise ausklammert – sind für sich genommen immer noch zu hoch. Doch wenigstens ist der störende Aufwärtstrend seit Jahresbeginn gebrochen, und dies lässt die Hoffnung auf wieder sinkende Raten zu. Der kräftige Rückgang der Renditen bei US-Staatsanleihen war dann wohl auch eher auf die Auflösung von Absicherungsgeschäften zurückzuführen als auf die Hoffnung einer beschleunigten Fed-Entscheidung. Bis zum Jahresende werden nun wieder zwei Senkungen der Leitzinsen in den USA erwartet. An den Aktienmärkten kam dies gut an, der Dax setzte seine Rekordserie fort. Die neuen Handelssanktionen aus den USA gegenüber chinesischen Industriegütern betreffen keine großen Handelsvolumina und waren daher nicht marktbeeinflussend. Trotzdem ist es für viele Unternehmen langfristig keine gute Perspektive, wenn die wirtschaftliche Abschottung sich immer weiter fortsetzt, wie es leider zu erwarten ist.
10.05.2024, Kolumne von Dr. Ulrich Kater: Höhenflug geht weiter
Eine einzige Zahl katapultierte die Aktienmärkte zurück in ihre Wohlfühlzone. Die Anzahl der neu geschaffenen Jobs in der US-Wirtschaft fiel niedriger aus als erwartet. Was sich zunächst nicht so vorteilhaft für die Wirtschaft anfühlt, ist in Wahrheit eine Erleichterung. Denn in den vergangenen Monaten war die Entwicklung zu kräftig angezogen und nährte die Befürchtungen von zu starken Lohnsteigerungen. Das wiederum wäre Gift für die Inflationsentwicklung, die eigentlich ohnehin schon zu hoch ist. Vor diesem Hintergrund ist es verständlich, dass die Entwicklung am US-Arbeitsmarkt große Erleichterung an den Aktienmärkten hervorrief. Gegenwärtig zeichnet sich ein Bild, nach dem die Konjunktur weltweit nicht zu schwach, aber eben auch nicht zu stark unterwegs ist. Die Inflation ist rückläufig, aber auch nicht so schwach, dass man sich wegen Deflation Sorgen machen müsste. Das Finanzsystem funktioniert gut, innovative Technologien ermöglichen neue Geschäftsmodelle und hohe Gewinne. Das ist alles eine sehr angenehme Temperaturzone für die Finanzmärkte, daher auch die Rekordstände an den Aktienmärkten, die sich in der zurückliegenden Woche mit neuen Höchstständen beim DAX fortsetzten. Der wichtigste Teil dieses Bildes ist die Konjunkturkomponente. Solange Europa, die USA und die asiatischen Volkswirtschaften weiter wachsen, können Unternehmen mit dem aktuellen relativ hohen Zinsniveau leben. Das zeigten auch die Unternehmensgewinne des abgelaufenen Quartals, die die hochgesteckten Erwartungen nicht enttäuschten. Weiterhin werden die Marktteilnehmer die Inflationsentwicklung mit Argusaugen verfolgen, etwa die neuesten Zahlen für die US-Wirtschaft in der kommenden Woche. Solange hier nichts aus dem Ruder läuft, geht die Normalisierung der Volkswirtschaften nach den Turbulenzen der vergangenen Jahre weiter.
03.05.2024, Kolumne von Dr. Ulrich Kater: Kaum Impulse
Eine datenreiche Woche liegt hinter uns. Los ging es mit den Inflationszahlen aus dem Euroraum, die überwiegend den positiven Trend der Vormonate fortsetzten. Zwar verharrt die Euroraum-Inflationsrate insgesamt auf Vormonatsniveau, allerdings ist die für den weiteren Ausblick wichtige Komponente der Dienstleistungspreise beruhigend. Von der Konjunktur kamen gemischte Signale. Im Vergleich zum letzten Quartal 2023 betrug das Wirtschaftswachstum für Euroland im ersten Quartal 2024 0,3 Prozent, und selbst in Deutschland ging es mit einem zarten Plus von 0,2 Prozent endlich wieder leicht aufwärts. Besonders kräftig läuft es weiterhin in Spanien, wo die Wirtschaft um 0,7 Prozent zugelegt hat. Die Wirtschaftsstimmung versetzte den Aufschwungshoffnungen dann allerdings wieder einen Dämpfer. Die Einkaufsmanagerindizes für die Eurozone fielen allenfalls gemischt aus: Während Spanien im verarbeitenden Gewerbe nochmals überraschend kräftig zugelegt hat, ist Italien deutlich stärker als prognostiziert zurückgefallen. Deutschland und Frankreich konnten sich minimal verbessern, verharren aber tief im roten Bereich. Highlight der Woche war der Zinsentscheid der US-amerikanischen Notenbank Fed. Mit Erleichterung wurde es aufgenommen, dass Notenbankpräsident Powell einer möglichen nochmaligen Zinserhöhung eine klare Absage erteilte.
Die europäischen Aktienmärkte konnten von diesen Einflüssen nicht sonderlich profitieren und tendierten uneinheitlich. Allerdings ist die Gewinnentwicklung bei den Unternehmen weiterhin erfreulich: Die aktuelle US-Berichtssaison verläuft mit durchschnittlichen positiven Gewinnüberraschungen von 8,9 Prozent klar besser als in den Vorquartalen der vergangenen zwei Jahre. Für den europäischen Aktienindex Stoxx 600 fallen die durchschnittlichen Gewinnüberraschungen mit knapp 20 Prozent sogar noch stärker aus. Allerdings ist das Bild über die Sektoren recht inhomogen, und die starke Gesamtzahl spiegelt vor allem die Ergebnisse im Bankensektor wider.
26.04.2024, Kolumne von Dr. Ulrich Kater: Seitwärts
Es ist Konsolidierungszeit an den Aktienmärkten. Auch in der zurückliegenden Woche schwächelte der DAX, ohne dass es zu einem größeren Rücksetzer kam. Insgesamt verharrt der deutsche Aktienmarkt auf seinem neuen Niveau, das knapp 15 Prozent über seinem Stand von vor einem Jahr liegt. Von den bisherigen Höchstständen hat der Markt bislang in der Spitze etwa 5 Prozent korrigiert. Ob es bei dieser Korrektur bleibt, oder ob etwa ereignisgetrieben nochmal ein paar Prozent angezogen werden, ist Börsen-Kaffeesatzleserei. Wichtig ist für die Anleger, dass die erreichten Kursniveaus fundamental angemessen sind. Zwar meldete die US-Wirtschaft ein schwächer als erwartetes Wirtschaftswachstum für das erste Quartal, in Europa weisen die neuesten Stimmungsindikatoren aus der Wirtschaft jedoch auf eine leichte Belebung der Konjunktur hin. So stieg das ifo-Geschäftsklima zum dritten Mal in Folge an, was im Allgemeinen als Trendwechsel interpretiert wird. Sollte die Weltnachfrage nach Investitionsgütern sowie die Binnennachfrage nach Konsumgütern tatsächlich wieder anziehen, so hätte auch die deutsche Wirtschaft nach längerer Durststrecke das Tal der Tränen erst einmal hinter sich gelassen.
Nachdem die Börsenrallye bislang schwerpunktmäßig von einigen Sektoren wie der Elektrotechnik oder den Unternehmensdienstleistungen getragen wurde, würde ein breiter Konjunkturaufschwung auch die Aufwärtsbewegung am Aktienmarkt verstärken. Die Unternehmensgewinne entwickeln sich weiterhin gut und rechtfertigen die gegenwärtigen Kursniveaus. Die gerade angelaufene Quartals-Berichtssaison der börsennotierten Gesellschaften brachte insbesondere in den USA eine überdurchschnittliche Quote an positiven Überraschungen. Der Rohölpreis ist von seinen Anstiegen im Zuge des iranischen Raketenangriffs auf Israel wieder spürbar zurückgegangen. Allerdings spricht das gegenwärtige Niveau für eine lebhafte Nachfrage, was ebenfalls ein Indiz für eine anziehende Weltkonjunktur darstellt.
19.04.2024, Kolumne von Dr. Ulrich Kater: Aktienmarkt-Konsolidierung
Langsam ziehen Wolken über den Aktienmärkten auf. Obwohl die Unternehmen für das abgelaufene Quartal weiterhin gute Geschäftsergebnisse berichten, ist dies erst einmal kein weiterer Treibstoff für die Unternehmenswerte. Ein Grund könnte sein, dass die steigenden Gewinne in den starken Kursanstiegen der vergangenen Monate bereits vorweggenommen wurden. Dazu kommen die geopolitischen Spannungen insbesondere im Nahostkonflikt. Wenngleich es Anzeichen dafür gibt, dass weitere Eskalationen vermieden werden können, bleiben die Finanzmärkte im Vorsichtsmodus. Der Rohölpreis hat sich in den vergangenen Wochen spürbar erhöht, teilweise als Reaktion auf die geopolitischen Unsicherheiten, teilweise aber auch als Reaktion auf eine zunehmende Nachfrage durch die anziehende Weltkonjunktur. Dies wird dazu führen, dass eine weitere Beruhigung bei den Inflationsraten in den kommenden Wochen zunehmend unwahrscheinlicher wird. So könnte die Energiekomponente im Verbraucherpreisindex wieder leicht anziehen. Aber auch die Preisberuhigung bei Industriegütern, die durch die vollständige Wiederherstellung der internationalen Lieferketten zustande gekommen war, neigt sich ihrem Ende. Zwar steigt aus Verbrauchersicht die Inflation im weiteren Jahresverlauf nicht nennenswert an, für die Notenbanken stellt sie allerdings immer noch ein Problem dar: Sie müssen auch noch die „letzte Meile“ zurücklegen, also dafür sorgen, dass sich die Inflationsrate auf den Zielwert von 2 Prozent zurückbildet. Da passen Zinssenkungen nicht ins Konzept. Am stärksten dämmert dies der US-amerikanischen Notenbank. Hier haben auch die ansonsten optimistischen Finanzmärkte zurzeit ihre Zinssenkungserwartungen auf nur noch zwei Schritte in diesem Jahr zurückgeschraubt. Anders sieht dies die Europäische Zentralbank. Sie wird wohl im Juni den ersten Abwärtsschritt wagen. Aber auch sie wird die Zinsen nur sehr behutsam nach unten führen können. Die Anleger freut es, bieten doch Rentenpapiere endlich wieder eine auskömmliche Renditeperspektive.
12.04.2024, Kolumne von Dr. Ulrich Kater: Dämpfer
Es waren wieder einmal die Inflationszahlen, die den Aktienmärkten einen Dämpfer verpasst haben. Die Inflationsrate in den USA erhöhte sich mit 0,4 Prozent im März im Vormonatsvergleich um ein Zehntel mehr als erwartet worden war. Hört sich marginal an, war allerdings der Tropfen, der das Fass zum Überlaufen brachte. Denn es war bereits das dritte Mal, dass diese Zahlen aus den USA enttäuschten. Mit einer Inflation, die zwar wieder weit entfernt ist von den Panik-Levels aus dem Jahr 2022, aber eben immer noch um einen oder zwei Prozentpunkte höher ausfällt als das Zwei-Prozent-Ziel der Geldpolitik kann die US-Notenbank Fed die Leitzinsen eben nicht senken, wie Fed-Chef Powell es wohl eigentlich vorgehabt hatte. Nach der Veröffentlichung der Inflationszahlen jedenfalls korrigierten die Finanzmärkte ihre Erwartungen. Ein erster Zinsschritt wird jetzt frühestens für den September erwartet. Es könnte der einzige in diesem Jahr bleiben. Im Euroraum tagte unmittelbar danach auch der Zentralbankrat der Europäischen Zentralbank (EZB). Hierzulande sind die Inflationsverhältnisse nicht ganz so angespannt. Dementsprechend stellte EZB-Präsidentin Lagarde die Kapitalmärkte denn auch weiterhin auf einen Abwärts-Zinsschritt im Juni ein. Hier könnte es im Herbst noch einen weiteren Schritt auf der Zinstreppe nach unten geben. Die vielbeschworene Abhängigkeit der europäischen von der US-amerikanischen Geldpolitik ist dabei kein Hindernis. Beim Timing der Zinsschritte ist die EZB von der Geldpolitik der Fed nicht abhängig. Der Wechselkurs hat nicht mehr die Bedeutung früherer Jahre. Wenn die Konjunkturunterschiede zwischen Europa und den USA so groß werden wie gegenwärtig, dann kann auch die Geldpolitik temporär auseinandergehen, wobei sich mittelfristig die europäische Wirtschaft den Kräften der US-Märkte nicht ganz entziehen kann.
Die Aktienmärte reagierten verschnupft, waren doch Zinssenkungen ein fester Programmpunkt im gegenwärtigen Kursaufschwung. Solange allerdings die geldpolitischen Erleichterungen nur verschoben sind, werden die Marktreaktionen wohl nicht über die ohnehin fällige Kurskonsolidierung hinausgehen. Denn mit der weiterhin kräftigen Konjunkturentwicklung steht eine weitere Säule der Aktienmärkte nach wie vor ziemlich fest.
05.04.2024, Kolumne von Dr. Ulrich Kater: Vorgezogenes Sommermärchen
Wie lange geht es noch, das vorgezogene Sommermärchen an den Aktienmärkten? Auch nach Ostern hielt sich der DAX auf seinem hohen Niveau, das ihm seit Jahresanfang ein Plus von etwa 10 Prozent beschert hat. In der zurückliegenden Woche kamen weitere Impulse: Mit 2,2 Prozent lag die Inflationsrate in Deutschland im März nur noch minimal über der Zielmarke von 2 Prozent. Damit wird eine Senkung der Leitzinsen durch die Europäische Zentralbank ab Juni immer wahrscheinlicher. Konsumkredite oder Baufinanzierungen werden zwar nicht mehr viel billiger werden, da hier bereits eine Reihe von künftigen Zinssenkungen in den heutigen Konditionen vorweggenommen sind. Trotzdem beflügelt eine weniger strikte Geldpolitik die Konjunkturaussichten und damit die Perspektiven für die Unternehmen.
Insgesamt zeigen die Aktienmärkte exemplarisch, dass sie auch ein guter Inflationsschutz sind. Um etwa 16 Prozent hat die Kaufkraft der privaten Haushalte kumuliert seitdem ersten Quartal 2021 abgenommen. Die Einkommen der Verbraucher werden jetzt Schritt für Schritt durch starke Lohnerhöhungen wiederhergestellt. Die Vermögen der Sparer aber sind nicht so leicht zu reparieren. Zu etwa 40 Prozent bestehen sie aus Bankeinlagen. Die haben der negativen Wirkung der Inflation kaum etwas entgegenzusetzen gehabt. Anders die Aktienmärkte, die seither – am Beispiel des DAX – um etwa 25 Prozent angestiegen sind: Nicht nur ein Ausgleich für den Kaufkraftschwund durch die Inflation, sondern auch noch eine reale Rendite von etwa 3 Prozent pro Jahr.
Getrübt werden kann das strahlende Bild paradoxerweise von einer zu erfolgreichen Wirtschaftsentwicklung. Die Konjunktur in den Vereinigten Staaten ist so kräftig, dass sich die US-Notenbank Fed eine gelpolitische Lockerung jetzt doch noch einmal überlegen könnte. Die Preise für das Rohöl steigen bereits kräftig. Auf die angekündigten Zinsschritte zu verzichten, wäre für die Börsianer noch verkraftbar. Schluss mit lustig wäre allerdings, wenn die Fed sogar auf weitere Zinssteigerungen umschwenken würde. Aus diesem Grund kann jede Konjunkturzahl oder jeder Äußerung aus Zentralbankkreisen in den USA große Wirkungen an den Aktienmärkten haben.
28.03.2024, Kolumne von Dr. Ulrich Kater: Rekordjagd bei mauer Konjunktur
Eine weitere Woche der Rekordjagd an den Aktienmärkten liegt hinter den Börsianern. Die Erwartung einer kräftigen Konjunktur in den Vereinigten Staaten sowie sinkender Zinsen hat die Kursbewegungen vor einigen Wochen in Gang gesetzt. Die Inflation der vergangenen zwei Jahre ist ebenfalls Treibstoff für höhere Aktienkurse, denn steigende Preise bei kräftiger Nachfrage bescherten den Unternehmen höhere Umsätze und Gewinne. Mittlerweile haben die Kurse so viel Schwung aufgenommen, dass die Aufwärtsbewegung noch eine Weile lang weitergehen kann, bevor wieder eine Korrektur einsetzt. Nicht nur in den USA, sondern auch im Euroraum stehen die Signale auf eine Beschleunigung der Konjunkturdynamik. Selbst in Deutschland hellten sich die Stimmungsindikatoren etwas auf. Die Hoffnungen ruhen auf steigenden Einkommen der Konsumenten durch hohe Tarifabschlüsse sowie wieder mehr Nachfrage nach Investitionsgütern durch die Unternehmen. Ob hieraus eine kräftigere Konjunktur oder gar ein neuer Aufschwung resultiert, wird darüber entscheiden, wie weit die Aktienhausse noch reicht.
Unterdessen herrscht bei den Kapitalmarktzinsen wenig Bewegung. Die Finanzierungskonditionen haben sich in den vergangenen Wochen wieder ein wenig nach oben bewegt, ohne jedoch die hohen Niveaus aus dem Vorjahr zu erreichen. Bislang sieht es so aus, als sei den Notenbanken das Kunststück gelungen, die Inflation einzudämmen, ohne die Konjunktur allzu stark zu beschädigen. Allerdings ist der Stabilitätsauftrag noch nicht erfüllt: Die Inflationsraten liegen immer noch über 2 Prozent. Insbesondere die Preise für Dienstleistungen steigen noch zu schnell, sowohl in den USA als auch im Euroraum. Geht die Beruhigung hier nicht weiter, könnten sich die Aktienmärkte schnell wieder irritiert zeigen.
22.03.2024, Kolumne von Dr. Ulrich Kater: Signale stehen auf Beschleunigung
Zarte Frühlingsgefühle in der deutschen Konjunktur vermeldet das Münchener ifo Institut. Insgesamt blieb die Stimmung in den Unternehmen in Deutschland gedrückt. Insbesondere die Erwartungen bleiben enttäuschend. Die Gründe liegen einerseits in der schwachen Konsum- und Investitionsgüternachfrage und andererseits am wahrgenommenen wirtschaftspolitischen Stillstand in Deutschland. Die Aktienmärkte scheint es nicht zu stören. So erreichte der DAX in den vergangenen Handelstagen neue Höchststände. Ein Grund liegt darin, dass die DAX-Unternehmen außerhalb Deutschlands gute Geschäfte machen. Dazu kommt, dass die großen Notenbanken weiterhin an ihren Zinssenkungsplänen festhalten. Die US-Notenbank Fed bekräftige bei der letzten Sitzung, dass sie die Inflation für ausreichend im Griff hält, um die Zinszügel vorsichtig zu lockern. Ähnliches ließ die Europäische Zentralbank verlauten.
Und mit der Schweizer Notenbank setzte die erste Zentralbank einer wichtigen Währung in der abgelaufenen Woche diese Pläne bereits um, und senkte ihren Leitzins um einen Viertelprozentpunkt. Sinkende Zinsen entlasten die Wirtschaft und geben der Konjunktur Rückenwind. Ob diese Zinssenkungen allerdings im erhofften Umfang umgesetzt werden können, ist noch nicht sicher. Denn die jüngsten Inflationszahlen waren gar nicht mehr so entspannt, wie in den Monaten davor. Somit werden die künftigen Inflationsdaten zu einer zentralen Größe an den Finanzmärkten und könnten noch manche Schwankungen im laufenden Jahr auslösen.
In der kommenden Börsenwoche gibt es nochmals Konjunkturdaten für den Euroraum. Außerhalb Deutschlands machen sich eine erste konjunkturelle Erholung bemerkbar. Aber sie ist von Licht und Schatten geprägt. Darauf dürfte auch das Economic Sentiment der EU-Kommission für den März hindeuten. Das Datenhighlight der Woche sind die Inflationsdaten aus den USA. Der Deflator der privaten Konsumausgaben gilt aus Sicht der Fed als wichtigstes Preismaß. Es deutet sich an, dass sowohl insgesamt als auch in der Abgrenzung ohne Nahrungsmittel und Energie relativ hohe Preisanstiege gegenüber dem Vormonat gemeldet werden.
15.03.2024, Kolumne von Dr. Ulrich Kater: Rekordjagd geht weiter
Die Rekordjagd an den Aktienmärkten hält weiter an. Auch wenn in der abgelaufenen Handelswoche die US-Inflationszahlen die Sorgen schürten, dass die Fed zur Eindämmung der Inflation die Zinsen langsamer senken wird als vom Markt eingepreist, bleibt die Stimmung an den Aktienmärkten konstruktiv. Die Erwartungen auf solide Unternehmensgewinne sind fest verankert und entsprechend hat das Muster, dass Rückschläge bei Aktien recht schnell wieder als Kaufgelegenheit wahrgenommen werden, weiter Bestand. Sowohl der S&P 500 als auch der DAX schlossen bei Höchstständen.
Dem liegt aber auch eine Normalisierung der Weltwirtschaft nach den Turbulenzen der zurückliegenden Jahre zugrunde. Die Lieferketten funktionieren wieder wie vor Corona, die Inflation geht zurück, auch die Wirkung der Zinsanstiege nimmt ab. Die Weltwirtschaft pendelt sich nach den Schocks der vergangenen Jahre wieder ein und zeigt mit jährlich drei Prozent seit dem letzten Jahr ein bemerkenswert stabiles Wachstum. Davon profitieren auch die deutschen Unternehmen des Dax, denn sie sind weltweit agierende Unternehmen. Trotz der anhaltenden Reduzierung von Zinssenkungserwartungen der Fed hat sich der Goldpreis erneut den Höchstpreisen angenähert. Dies stützt die These, dass der Anstieg des Goldpreises in den vergangenen Wochen nicht durch zunehmende Inflationssorgen getrieben wurde. Vielmehr sind es politisch motivierte Käufe von Zentralbanken, die den Goldpreis nachhaltig stützen. Im Fahrwasser der reinen Anlagewährung Gold stiegen auch Kryptowerte auf neue Höchststände. Ihre Entwicklung trieben vor allem die Genehmigung neuer Finanzprodukte auf Kryptowährungen in den USA.
In der kommenden Woche steht die Sitzung der US-Notenbank im Fokus. Zwar waren die jüngsten Preisdaten für Januar und Februar unerwünscht hoch. Die Fed dürfte bei diesem Zinsentscheid jedoch kaum eine Meinungsänderung erkennen lassen, so dass die Erwartungen auf eine Zinssenkung im Juni bestehen bleiben werden. Die Stimmungsindikatoren der Europäischen Wirtschaft sowie der Ifo-Geschäftsklimaindex für den März könnten dagegen eine neue Richtung einschlagen und endlich auf eine langsame Konjunkturerholung hindeuten.
09.03.2024, Kolumne von Dr. Ulrich Kater: Zinssenkung noch einmal vertagt
Die Geldpolitik stellt an den Finanzmärkten die allgemeine Politik in den Schatten. Gleich zu Wochenbeginn wurde in China beim Nationalen Volkskongress ein ambitioniertes Wachstumsziel von rund 5 Prozent für 2024 verkündet. Doch wurde dies nicht mit konkreten Maßnahmen zur Stimulierung der Wirtschaft verbunden. Diese leichte Enttäuschung bewegte die Märkte ebenso wenig wie der Durchmarsch von Biden und Trump am Super Tuesday bei den Vorwahlen zur US-Präsidentschaft. So viel zum Schatten. Die Bühne gehörte am Donnerstag der Europäischen Zentralbank (EZB). Diese ließ zwar erwartungsgemäß die Leitzinsen unverändert. Doch nahmen die Marktteilnehmer die begleitende Kommunikation von EZB-Präsidentin Lagarde sehr wohlwollend zur Kenntnis. Ab Juni steht die Tür für Leitzinssenkungen offen. Der Deutsche Aktienindex DAX erreichte am Ende des Tages ein neues Allzeithoch. Auch die Kurse von Bundesanleihen legten zu, mithin gaben die Renditen am Rentenmarkt nach. Nicht, dass es noch eines weiteren Beleges bedurft hätte, gleichwohl überstrahlt die Wirkung der Geldpolitik derzeit das Marktgeschehen.
Die Konjunkturdaten aus den USA dürften in der kommenden Handelswoche im Fokus stehen. Denn der nächste US-Notenbank-Zinsentscheid am 20. März erscheint schon am Horizont. Besonders die Veröffentlichung der US-Verbraucherpreise verspricht Spannung, sorgten diese doch schon vor einem Monat für Aufsehen. Der dort gemeldete unangenehm hohe Anstieg der Dienstleistungspreise dürfte sich für die Februardaten zwar nicht wiederholen. Allerdings bleibt die Inflationsdynamik insgesamt noch etwas hoch. Sollten dann am Donnerstag höhere Einzelhandelsumsätze und am Freitag eine leicht gestiegene Industrieproduktion folgen, erhalten zu starke Zinssenkungsphantasien einen Dämpfer. Zwar gab es von US-Notenbankchef Powell unlängst den Hinweis, dass nicht mehr viel Gewissheit fehlt, um die Leitzinsen zu senken. Doch mag es sein, dass das Tempo der geldpolitischen Lockerung langsamer und vorsichtiger sein wird, als sich dies viele Marktteilnehmer wünschen.
01.03.2024, Kolumne von Dr. Ulrich Kater: DAX weiterhin im Aufwind
Die Gelegenheit für schwächere Aktienmärkte war gegeben. Doch statt dessen kletterte der DAX Tag für Tag zu neuen Allzeithochs. Offenkundig wird die Erzählung von anstehenden Leitzinssenkungen ab dem Sommer fortgeführt. Das Economic Sentiment, der breiteste Stimmungsindikator für die Eurozone, gab für Februar überraschend nach. Für das erste Quartal 2024 deutet sich im Euroraum mithin nur eine Bewegung der gesamtwirtschaftlichen Aktivität um die Nulllinie herum an. Auch die rückläufige Kreditvergabe im Januar dürfte von der Europäischen Zentralbank (EZB) als Hinweis gewertet werden, dass die Geldpolitik weiterhin deutlich restriktive Wirkung zeigt und mit Zinssenkungen nicht zu lange gewartet werden sollte. An den Börsen wurde dies wohlwollend zur Kenntnis genommen.
In den USA sieht es etwas anders aus. Das Ergebnis ist identisch: Höchststände an den Aktienmärkten. Die persönlichen Einnahmen der privaten Haushalte sind im Januar sehr deutlich gestiegen, passend zum starken Beschäftigungsaufbau. Hier braut sich durchaus eine Konjunkturdynamik zusammen, die baldigen Leitzinssenkungen der amerikanischen Notenbank entgegenstehen könnte. Doch dominieren die guten Ergebnisse der Unternehmen die Laune der Marktteilnehmer. Die sogenannten „Magnificent 7“ (Amazon, Alphabet und Co.) waren auch im vierten Quartal 2023 die entscheidenden Lokomotiven des Gewinnwachstums: Mit einem Plus von 56,1 Prozent gegenüber dem Vorjahr spielen sie weiterhin in einer anderen Liga als die übrigen 493 Mitglieder des S&P 500, die einen Gewinnrückgang von 3,4 Prozent verzeichneten. Die Phantasie bezüglich Digitalisierung im Allgemeinen und Künstlicher Intelligenz im Besonderen wird von der Gewinnentwicklung der sieben Unternehmen genährt.
23.02.2024, Kolumne von Dr. Ulrich Kater: Künstliche Intelligenz beflügelt
In einer Woche ohne marktbewegende Konjunkturdaten finden Unternehmensberichte oftmals besondere Beachtung. Früher waren es in den USA große Einzelhändler, Chemieunternehmen oder Automobilhersteller, die Rückschlüsse auf die Konjunktur und mithin Gewinnperspektiven lieferten. Heute sind es die großen Unternehmen mit ihrer zukunftsträchtigen Digitalisierungserzählung: So haben die Quartalszahlen des Chipkonzerns Nvidia die im Vorfeld sehr hohen Markterwartungen sogar deutlich übertroffen. Überdies machte das Unternehmen optimistische Aussagen zum weiteren Wachstum. Aussagen, die auf der zunehmenden Nutzung von Künstlicher Intelligenz (KI) in allen Segmenten der Wirtschaft beruhen und die Euphorie um KI weiter nähren. Allzeithochs beim S&P500 und beim DAX waren die naheliegende Folge. Parallel gab es mit dem japanischen Nikkei einen Hingucker, denn dessen frisches Allzeithoch ist das Erste seit Ende 1989. Hinweise aus den Sitzungsprotokollen der US-Notenbank Fed und der Europäischen Zentralbank (EZB) blieben für die Märkte eher von nachrangiger Bedeutung.
In der anstehenden Woche dürfte der Fokus auf dem Inflationsgeschehen liegen. In den USA wird am Donnerstag der Deflator für die privaten Konsumausgaben bekanntgegeben. Bei diesem für die Fed wichtigsten Inflationsmaß ist in der Kernrate, vor allem bei den Dienstleistungspreisen, mit einem kräftigen Anstieg gegenüber dem Vormonat zu rechnen. Auch in Euroland machen die recht
16.02.2024, Kolumne von Dr. Ulrich Kater: Gipfelstürmer
An den Märkten gab es am Dienstag einen Moment der Schnappatmung, als Verbraucherpreise in den USA stärker als erwartet ausfielen. Der hohen Konjunkturdynamik Ende vergangenen Jahres folgte ein äußerst hoher Beschäftigungsaufbau im Januar und nun noch höhere Inflationsraten. Schlagartig wackelten daraufhin die Zinssenkungsperspektiven in den USA, die Anleiherenditen sprangen empor und die Aktienmärkte gaben reflexartig nach. Im Gegensatz zu den USA bestätigten die Konjunkturdaten für Euroland und speziell für Deutschland das eher klägliche Bild. Die Bundesanleiherenditen veränderten sich kaum. Mit Blick auf die Wochenbilanz an den Aktienmärkten lautet das Fazit: Durchatmen, an der Aussicht auf eine Lockerung der Geldpolitik in der zweiten Jahreshälfte festhalten und sich über den Schwung der US-Konjunktur freuen. Umsatz- und Gewinnperspektiven der Unternehmen erscheinen offenbar weiter aussichtsreich. So wurden neue Allzeithochs erreicht: Der DAX kletterte über die 17000-Punkte-Marke und der S&P500 schaffte es über 5000 Punkte.
In der bevorstehenden Woche richten sich die Blicke eher auf Europa. Deutschlands konjunkturelle Schwäche manifestiert sich wohl auch im ifo Geschäftsklima, das am Freitag veröffentlicht wird. Die Stimmung der deutschen Unternehmen könnte im Februar zum dritten Mal in Folge niedriger ausfallen als im jeweiligen Vormonat. Für Euroland insgesamt wird es ein mühsamer Weg aus der Schwächephase. Aber die Talsohle scheint durchschritten. Dies dürfte der vorläufige Einkaufsmanagerindex für den Februar zeigen. Die Europäische Zentralbank (EZB) ist zuversichtlich für die Inflationsraten und ist somit bereit für Zinssenkungen. Ein Blick in die Zusammenfassung der jüngsten Sitzung mag am Donnerstag offenlegen, wie zuversichtlich der EZB-Rat ist, dass die Lohnzuwächse seinen Zenit bereits überschritten haben. Wenn kein Gegenwind für Zinssenkungserwartungen aufkommt, können sich die Aktienindizes oberhalb der erreichten Marken bis auf Weiteres wohlfühlen.
09.02.2024, Kolumne von Dr. Ulrich Kater: Impulslos
In einer nachrichtenarmen Woche bewegten sich die Kurse an den Aktien- und Rentenmärkten wenig. Der Dax schnupperte zeitweilig über die Marke von 17.000 Punkten, zog sich dann jedoch mangels weiterer Impulse wieder etwas zurück. Die Nachrichten aus der deutsche Konjunktur fielen weiterhin wenig vertrauensstiftend aus. So dokumentierten die Einzelhandelsumsätze den Mangel an inländischer Nachfrage einmal mehr und nur allzu deutlich. Im Dezember waren diese nochmals um 1,6 Prozent im Vormonatsvergleich gesunken nach einer ähnlichen Schrumpfung bereits im November. Das Weihnachtsgeschäft war damit eine herbe Enttäuschung. Besserung ist kaum in Sicht. Eigentlich sollte die Reallohnentwicklung wenigstens für eine Stabilisierung des privaten Konsums sorgen, doch die Verunsicherung der Verbraucher scheint zu groß. So brach das deutsche Konsumklima im Januar ein, und die Einzelhändler haben ihre Geschäftserwartungen spürbar zurückgenommen. Auch von der Auslandsnachfrage kommen aktuell wenig Impulse. So sank die Warenausfuhr Deutschlands real um 4,6 Prozent.
Weiterhin hohe Zinsen und eine fortgesetzte Schwäche in China machen Deutschlands Exporteuren das Leben schwer. Alles in allem sind die Startbedingungen der deutschen Volkswirtschaft für das aktuelle Quartal ausgesprochen schlecht. Eine weitere Schrumpfung des Bruttoinlandsprodukts steht wohl ins Haus. Hoffnung macht lediglich der Ausblick auf steigende Löhne und wieder sinkende Zinsen. Da die Wirtschaftspolitik keinerlei positive Impulse aussendet, wird es bis zur Konjunkturerholung noch eine Weile dauern. Die Aktienkurse der Dax-Unternehmen können es gut verkraften, weil sie sich eher an der Konjunktur in der Weltwirtschaft orientieren. Und in den USA oder in Asien – außerhalb von China – ist die Wirtschaftsstimmung bedeutend besser als in Deutschland.
02.02.2024, Kolumne von Dr. Ulrich Kater: Dämpfer durch die Fed
In der zurückliegenden Handelswoche verpasste die US-Notenbank den Aktienmärkten einen kleinen Dämpfer. Zinssenkungen werde es geben, so die Notenbank nach ihrer jüngsten Sitzung, aber nicht so schnell. Damit waren die Spekulationen auf den März als Termin der ersten Zinssenkung Makulatur. Die Märkte reagierten verschnupft. Doch da die US-Aktienmärkte gerade neue Höchststände erreicht hatten, blieb dies verschmerzbar. Im Euroraum ging es etwas ruhiger zu, denn die Europäische Zentralbank ließ durchblicken, dass sie etwas früheren Zinssenkungen nicht ablehnend gegenübersteht. Das könnte dazu führen, dass beide großen Zentralbanken gemeinsam im Juni eine erste geldpolitische Lockerung durchführen. Für die Wirtschaft lässt dies auf ein Abklingen der Belastungen hoffen. Insbesondere im Bausektor und auch in einigen Teilen der Industrie sind schon Erleichterungen zu spüren. Möglich wurden diese durch die weiterhin rückläufigen Inflationsraten. Im Deutschland etwa sank die Teuerung im Januar auf 2,9 Prozent. Auch die großen Streikwellen stören dieses Bild nicht wesentlich. Noch liegt der Anstieg der Tariflöhne in einem Bereich, in dem man von der Wiederherstellung der Kaufkraft nach den hohen Inflationsraten reden kann. Sollten jedoch in einer Branche fortlaufend derartig hohe Abschlüsse getätigt werden, wäre es schnell vorbei mit dem geldpolitischen Frieden. Auch die konjunkturellen Schäden halten sich noch in Grenzen. Zwar tragen die Produktionsbehinderungen dazu bei, dass in Deutschland das erste Quartal wahrscheinlich wiederum eine negative Entwicklung der Wirtschaftsleistung aufweisen wird. Streikbedingte Ausfälle werden jedoch im Allgemeinen nachgeholt, wenn sie in Häufigkeit und Länge nicht ausarten.
26.01.2024, Kolumne von Dr. Ulrich Kater: Gute Börsenwoche trotz trüber Stimmung
Aus deutscher Sicht setzte sich die Diskrepanz zwischen den Wirtschaftsdaten und der Börsenentwicklung in der vergangenen Woche fort. Die deutsche Konjunktur bietet weiterhin ein düsteres Bild, wie der ifo-Geschäftsklimaindex für den Januar bestätigte. Die Industrie verharrt in der Rezession, die Gesamtwirtschaft stagniert. Auch die Konsumentenstimmung ging nochmals zurück. Mit Besserungen ist in diesem Jahr nur ganz allmählich zu rechnen, wenn höhere Einkommen wieder zu etwas mehr Konsumnachfrage führen und sinkende Zinsen die Investitionen ankurbeln. Der deutsche Leitindex DAX ließ sich jedoch von diesen Zahlen nicht beirren. Er legte um knapp zwei Prozent zu und befindet sich damit wieder in Reichweite seines bisherigen Allzeithochs. Die Lösung dieses Rätsels liegt einmal mehr in der dynamischen Entwicklung der Weltwirtschaft. Aus den USA wurde für das letzte Quartal 2023 ein Wachstum von über drei Prozent gemeldet. Das deutet auf eine stärkere Konjunkturentwicklung hin als bisher angenommen. Angesichts dieser guten Wirtschaftslage und einer weiter fallenden Inflation in den USA ist es erstaunlich, dass der amtierende Präsident in den bisherigen Wahlumfragen hinten liegt. Unterstützung für die Märkte gab es aber auch von der Geldpolitik. Die Präsidentin der Europäischen Zentralbank Lagarde weichte den bisherigen Widerstand der Notenbanker gegen frühe Zinssenkungen ein wenig auf. Inflation und Lohnentwicklung in Europa würden sich entspannen. Wenn die nächsten Inflationszahlen nicht deutlich enttäuschen, ist eine erste Zinslockerung im Juni wahrscheinlich. Auch die Ergebnisse der börsennotierten Unternehmen für das vierte Quartal entwickeln sich ordentlich, so dass die Aussichten für die Aktienmärkte für die kommenden Wochen weiterhin positiv sind.
19.01.2024, Kolumne von Dr. Ulrich Kater: Kühle Börsenwoche
Nicht nur Straßen und Schienen waren in dieser Woche vereist, auch die deutschen Aktienmärkte präsentierten sich frostig. Die Kurse gaben in der zurückliegenden Handelswoche zunächst recht deutlich nach, bevor gegen Ende der Woche eine Erholung einsetzte. Die stärksten Markttreiber sind immer noch die Notenbanken. Im Dezember hatten sie Erwartungen auf baldige Zinssenkungen geweckt und damit eine Aktien-Kursrallye hervorgerufen. Inzwischen stellte sich jedoch heraus, dass die Marktteilnehmer zu viel in die Aussagen der Notenbanker hineininterpretiert hatten. Das haben führende Geldpolitiker in den USA und im Euroraum in den vergangenen Wochen wiederholt geäußert. Mit der Verschiebung der ersten geldpolitischen Lockerung weit ins Jahr hinein stiegen die Renditen an den Geld- und Anleihemärkten wieder an. Die Präsidentin der Europäischen Zentralbank Lagarde wurde dabei am deutlichsten, indem sie eine erste Zinssenkung im Sommer 2024 ins Spiel brachte – wobei der Sommer bekanntlich bis in den September reicht. Bis dahin wird sich auch besser abschätzen lassen, auf welchem Pfad die Konjunktur und die Inflation wandeln.
Mit einem Rückgang um 0,3 Prozent für das Jahr 2023 blieb das Bruttoinlandsprodukt in Deutschland im Rahmen der Erwartungen. Die Aussichten für 2024 sind nicht viel besser. Aufgrund einer geringeren Abhängigkeit von der Industrie ist die Wirtschaftsdynamik in einigen europäischen Nachbarländern höher, so dass die Konjunktur im Euroraum günstiger verläuft. Die Unternehmen im Dax orientieren sich ohnehin eher an der Weltkonjunktur, die wesentlich besser in Form ist als die in Europa. In den kommenden Wochen steht an den Aktienmärkten die Berichtssaison im Mittelpunkt: Die Unternehmen legen ihre Bücher für das abgelaufene Quartal offen. Insbesondere die Ausblicke auf das neue Geschäftsjahr werden die Kursbewegungen der kommenden Handelstage bestimmen.
12.01.2024, Kolumne von Dr. Ulrich Kater: Börsenrekorde in der Warteschleife
Das Kursgeschehen an den internationalen Wertpapierbörsen war in der vergangenen Handelswoche zweigeteilt. Zunächst herrschte eine freundliche Stimmung. So machte sich etwa der Dax in der ersten Wochenhälfte auf den Weg Richtung des Allzeithochs von 17.003 Punkten. Einen Dämpfer bekam diese Entwicklung dann aber durch neue Inflationszahlen aus den USA. Diese fielen erstmals seit langem etwas schlechter als erwartet aus. Viele Analysten interpretieren das als Absage an erhoffte zeitnahe Zinssenkungen durch die Notenbanken. Zusätzlich sorgten Befürchtungen vor einer Ausweitung des Gaza-Krieges für Vorsicht. Dies war nach Angriffen einer internationalen Allianz von zehn Staaten auf militärische Stellungen im Jemen auch am Rohölmarkt zu spüren, an denen die Notierungen leicht zunahmen. Durch die fortgesetzten Überfälle von irantreuen Kräften auf Handelsschiffe im Roten Meer werden die Transportwege für Waren wieder länger. Die Nutzung des Suez-Kanals ist um etwa 60 Prozent zurückgegangen. Insgesamt ist dies ein Hindernis für den Welthandel und die Containerpreise sind in der vergangenen Woche deutlich angestiegen.
Der „Doppelwumms“ an Wirtschaftsprotesten in Deutschland durch Traktorblockaden und Bahnstreik hat das Börsengeschehen dagegen nicht beeinträchtigt. Angesichts der geringen Wachstumsaussichten der deutschen Wirtschaft ist jedoch zu befürchten, dass solche Verteilungskämpfe künftig häufiger auftreten werden. In den kommenden Wochen werden neben der Geopolitik auch wieder die Quartalsberichte der Unternehmen im Fokus stehen. Die Zahlen zur Gewinnentwicklung und die Ausblicke der Firmen auf die kommenden Quartale gelten als wichtige Leitplanken für die Kursentwicklung.
05.01.2024, Kolumne von Dr. Ulrich Kater: Bewegter Jahresauftakt
Insgesamt kann sich das Kapitalmarktjahr 2023 sehen lassen. In den Industrieländern stiegen die Kurse an den Aktienmärkten im Durchschnitt mit zweistelligen Raten, allein beim Dax waren es mehr als 20 Prozent. 10-jährige US-Staatsanleihen erbrachten in heimischer Währung gerechnet am Schluss noch 4 Prozent, mit Bundesanleihen ließen sich 6 Prozent, mit italienischen Staatsanleihen 9 Prozent verdienen. Aber auch mit Unternehmensanleihen konnte erstmals seit langem wieder eine Rendite deutlich oberhalb der Inflationsrate erzielt werden. Untypisch für Zinssteigerungsphasen war ein Anziehen des Goldpreises um fast 13 Prozent. Stellvertretend für viele Rohstoffe ging dagegen der Rohölpreis um 10 Prozent zurück. Es scheint zumindest so, als hätte sich die Weltwirtschaft nach der pandemie- und geopolitikbedingten Achterbahnfahrt wieder gefangen. Allerdings darf nicht vergessen werden, dass es die Hoffnung auf baldige geldpolitische Erleichterungen in Form von Leitzinssenkungen war, welche die Kurse zuletzt getrieben hatte.
Und prompt erschienen in der ersten Handelswoche des neuen Jahres die geldpolitischen Erwartungen von Zeitpunkt und Ausmaß der eingepreisten Lockerung überzogen und Marktteilnehmer begannen, die aggressiven Zinswetten etwas zurückzudrehen. Entsprechend kann es nicht überraschen, dass die Nervosität an den Anlagemärkten zum Jahresstart insgesamt zunahm. Aktien, die 2023 am stärksten gewannen, verloren zum Jahresauftakt überproportional stark. Die Inflation im Euroraum erhielt zwar mit einem Anstieg im Dezember einen kleinen Dämpfer, der Trend hin zur Beruhigung der Teuerung ist damit aber nicht gebrochen.
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